Page 194 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 194

bezüglich dessen, was du sagst, allerdings einen Unterschied. – Dieß also
                muß stattfanden, daß wir die Kinder zu Zuschauern machen; aber
                Anstalten zu ihrer Sicherheit müssen wir treffen, und es wird dann wohl

                sich richtig verhalten; oder etwa nicht? – Ja. – Nicht wahr also, sagte er,
                es werden erstens ihre Väter, so weit es bei Menschen möglich ist, nicht
                unkundig sein, sondern es zu unterscheiden vermögen, welche Feldzüge
                gefahrdrohend seien und welche nicht? – So scheint es, sagte er. – In die
                einen also werden sie dieselben mit sich nehmen, in die anderen aber
                nicht? – Ja, mit Recht. – Und dann werden sie ja, sagte ich, als
                Herrschende über sie nicht die Schlechtesten aufstellen, sondern

                diejenigen, welche durch Erfahrung und Alter tauglich sind, Anführer
                und Begleiter der Knaben zu sein. – Ja, so ziemt sich’s. – Aber gar Vieles
                ja, werden wir hinwiederum sagen, ist schon Vielen wider alles Erwarten
                zugestoßen. – Ja wohl, gar sehr. – Im Hinblicke auf Derartiges demnach,
                mein Freund, müssen wir die Kinder von vorneherein beflügeln, damit
                sie, wenn es nöthig ist, auf und davon fliegen. – Wie meinst du dieß?

                sagte er. – Auf Pferde, sprach ich, müssen wir sie schon in ihrer
                frühesten Jugend setzen, und nachdem sie reiten gelernt, sie zu Pferde
                zum Zuschauen mitnehmen, und zwar nicht auf muthigen und für
                Schlachten tauglichen Pferden, sondern auf den behendesten und
                lenksamsten; so nemlich werden sie sowohl am besten bei ihrer
                künftigen Werkthätigkeit zuschauen, als auch nöthigen Falls am
                sichersten sich mit ihren älteren Anführern, diesen folgend, reiten. – Du

                scheinst mir Recht zu haben. –
                     Wie aber nun, sagte ich, steht es mit den Dingen im Kriege? Wie
                müssen sich dir die Krieger sowohl gegenseitig unter sich, als auch
                gegen die Feinde verhalten? Zeigt sich mir etwa Folgendes richtig oder
                nicht? – Sprich, sagte er, was du hiemit meinest. – Soll man unter ihnen,
                erwiederte ich, denjenigen, welcher die Schlachtreihe verläßt, oder die

                Waffen von sich wirft, oder etwas Derartiges thut, wegen seiner Feigheit
                nicht sofort unter die Handwerker oder Landbebauer einreihen? – Ja,
                allerdings. – Jenen aber, welcher lebend als Gefangener zu den Feinden
                kommt, müssen wir ihn nicht als ein Geschenk jedem überlassen, der
                dann mit dieser Beute eben anfängt, was er will? – Ja wohl, gar sehr. –
                Jener aber, welcher sich auszeichnete und Ruhm erlangte, soll dieser
                nicht erstens schon während des Feldzuges von allen mitziehenden

                Jünglingen und Knaben der Reihe nach von jedem Einzelnen bekränzt
                werden, oder etwa nicht? – Ja, gewiß. – Wie aber? auch ihm die Hände
                gedrückt werden? – Ja, auch dieß. – Aber erst Folgendes, glaube ich;
                scheint es dir nicht auch? – Was meinst du? – Daß er jeden Einzelnen





                                                          193
   189   190   191   192   193   194   195   196   197   198   199