Page 193 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Gemeinschaftlichkeit haben, und daß, wenn sie so handeln, sie sowohl
                am besten handeln, als auch daß dieß nicht wider die Natur des
                Weiblichen im Vergleiche mit dem Männlichen sei, insoferne sie von

                Natur aus dazu bestimmt sind, gegenseitig Gemeinschaftlichkeit zu
                haben? – Ich gestehe es zu, sagte er. –
                     14. Nicht wahr also, sagte ich, jenes ist noch zu erörtern übrig, ob es
                also auch unter Menschen ebenso, wie bei den übrigen Thieren, möglich
                sei, daß diese Gemeinschaftlichkeit entstehe, und in welcher Weise es
                möglich sei. – Du kamst mir, sagte er, damit zuvor, daß du aussprachst,
                was ich so eben mir zu denken im Begriffe warUeber den

                Zusammenhang der ganzen Untersuchung s. unten Anm. 201.. – Was
                nemlich, erwiederte ich, hiebei die Verhältnisse im Kriege betrifft, so ist,
                glaube ich, klar, in welcher Weise sie Krieg führen werden. – Wie
                nemlich? sagte er. – Daß sie gemeinschaftlich in’s Feld ziehen, und auch
                von den Kindern jene, welche schon körperlich ausgewachsen sind, in
                den Krieg mit sich nehmen werden, damit sie, wie die Kinder der

                übrigen Werkmeister, bei demjenigen zuschauen, was sie dereinst nach
                ihrer vollständigen Reife selbst in’s Werk setzen müssen; außer dem
                Zuschauen aber sollen sie in allen Dingen bezüglich des Krieges
                behülflich und dienstbar sein und ihre Väter und Mütter pflegen; oder
                hast du nicht bezüglich der übrigen Künste, z. B. bei den Kindern der
                Töpfer, bemerkt, wie lange Zeit hindurch sie bloß behülflich sind und
                zuschauen, bis sie erst selbst an die Uebung der Töpferkunst sich

                machen? – Ja wohl, gar sehr. – Müssen also etwa jene eifriger ihre
                Kinder heranbilden, als die Wärter die ihrigen in Erfahrung und
                Anschauung des ihnen Zustehenden? – Dieß wäre ja lächerlich, sagte er.
                – Nun aber kämpft ja auch jedes Thier ganz ausnehmend, wenn jene
                zugegen sind, welchen sie selbst das Leben gegeben haben. – Ja, so ist es
                wohl; aber, o Sokrates, es ist ja hiebei keine kleine Gefahr für den Fall

                einer Schlappe, wie Solches im Kriege vorzukommen pflegt, daß sie
                dann außer sich selbst auch noch ihre Kinder dem Untergange weihen
                und hiedurch es unmöglich machen, daß auch der übrige Staat sich
                wieder erhole. – Du sprichst wahr, sagte ich; aber erstens, glaubst du
                denn, man müsse es so einrichten, daß gar keine Gefahr bestehe? –
                Keineswegs. – Wie aber? wenn man denn doch Gefahren sich aussetzen
                muß, sollen es nicht solche sein, bei welchen ein glücklicher Erfolg die

                Leute besser macht? – Ja, dieß ist klar. – Glaubst du aber, daß es etwa
                einen kleinen Unterschied mache und der Gefahr sich nicht lohne, ob bei
                den Dingen im Kriege die Kinder, welche dereinst kriegerische Männer
                werden sollen, zuschauen oder nicht? – Nein, sondern es macht





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