Page 197 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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dasjenige übrig geblieben ist, vermittelst dessen er als Feind kämpfte?
                oder glaubst du, daß, wer dieses thut, etwas Anderes verübe, als die
                Hunde, welche mit den Steinen, vermittelst deren sie getroffen wurden,

                sich herumzerren, jenen aber, welcher geworfen hat, nicht berühren? –
                Durchaus nichts Anderes, sagte er. – Bei Seite lassen also müssen wir
                jede Leichen-Plünderung und all jene Verhinderung der Bestattung? – Ja
                wohl, bei Gott, sagte er, bei Seite lassen müssen wir sie.
                     16. Und also werden wir wohl auch nicht in Tempel unsere Waffen
                bringen, um sie dort als Weihgeschenke aufzuhängen, zumal nicht in
                Tempel der Hellenen, woferne uns an dem Wohlwollen gegen die

                übrigen Hellenen Etwas liegt, sondern wir werden weit eher fürchten, es
                möchte eine Entweihung sein, in einen Tempel Derartiges seitens der
                eigenen Angehörigen zu bringen, falls nicht etwa der Gott es anders
                befiehlt. – Völlig richtig, sagte er. – Wie nun weiter? was die Verheerung
                hellenischen Landes und das Niederbrennen der Häuser betrifft, wie
                werden es damit deine Krieger gegen die Feinde halten? – Ich möchte

                gerne hören, sagte er, daß du deine Meinung hierüber aussprechest. –
                Mir demnach, sprach ich, scheint es, daß sie keines dieser beiden thun
                werden, sondern nur die eben stehende einjährige Aerndte wegnehmen
                werden; und warum so, willst du, daß ich es dir sage? – Ja, allerdings. –
                Es zeigt sich mir nemlich, daß, sowie dieß auch zwei Worte sind,
                nemlich »Krieg« und »Zwiespalt«, so es auch zwei Dinge seien, welche
                auf irgend zwei verschiedenen Verhältnissen beruhen; unter diesen

                zweien aber meine ich einerseits das Angehörige und Verwandte, und
                andrerseits das Fremde und Ausländische; bei der Feindschaft nun
                zwischen Angehörigen heißt man es Zwiespalt, bei jener aber gegen
                Fremdes Krieg. – Und wirklich, es ist nicht unpassend, sagte er, was du
                da sprichst. – Sieh demnach zu, ob auch Folgendes passend sei, was ich
                sage: ich behaupte nemlich, das Geschlecht der Hellenen sei in Bezug

                auf sich selbst ein Angehöriges und Verwandtes, in Bezug auf das Nicht-
                Hellenische aber ein Ausländisches und Fremdes. – Ja, und mit Recht,
                sagte er. – Also wenn Hellenen gegen Nicht-Hellenen und Nicht-
                Hellenen gegen Hellenen kämpfen, werden wir sagen, daß sie Krieg
                führen und von Natur aus kriegerische Feinde seien, und wir müssen
                diese Feindschaft einen Krieg nennen; hingegen wenn Hellenen gegen
                Hellenen Derartiges thun, werden wir sagen, daß sie zwar von Natur aus

                Freunde seien, aber hiebei Hellas krank und in einem Zwiespalte sei, und
                die derartige Feindschaft müssen wir Zwiespalt nennen. – Ich gestehe zu,
                sagte er, daß man es so für das Richtige halten müsse. – Erwäge
                demnach, sprach ich, daß bei demjenigen, was wir jetzt zugestandener





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