Page 200 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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nimmst du da einen Anlauf gegen meine Begründung und willst mir
                keine Nachsicht schenken, daß ich ja mitten im Feldzuge begriffen bin.
                Vielleicht nemlich weißst du nicht, daß, nachdem ich gerade zur Noth

                jenen zwei brandenden Wogen entronnen bin, du jetzt das Größte und
                Schwierigste von der Verflechtung dreier Wogen herbeiführst, denn
                wenn du jenes siehst und hörst, so wirst du mir gar wohl Verzeihung
                angedeihen lassen, daß ich aus guten Gründen Anstand nahm und Furcht
                davor hatte, einen so auffallenden Ausspruch zu thun und die Erwägung
                desselben zu versuchen. – Je mehr du, sagte er, Derartiges sprichst, um
                desto weniger wird es dir von uns erlassen werden, anzugeben,

                inwieferne dieser Staat die Möglichkeit in sich habe, wirklich zu
                entstehen. Aber sprich nur und zögere nicht. –
                     Nicht wahr also, sprach ich, zuerst müssen wir uns daran erinnern,
                daß wir nur bei unserem Nachsuchen, welcherlei denn die Gerechtigkeit
                und die Ungerechtigkeit sei, eben bis auf diesen Punkt hier gelangten? –
                Ja, dieß müssen wir wohl, sagte er; aber was soll dieß? – Nichts weiteres;

                aber wenn wir gefunden haben, welcherlei die Gerechtigkeit sei, werden
                wir dann die Zumuthung aussprechen, daß auch der gerechte Mann
                durchaus nicht in irgend Etwas sich von jener unterscheide, sondern in
                allen Beziehungen ein Derartiger sei, wie eben auch die Gerechtigkeit
                selbst ist, oder werden wir es schon zufrieden sein, wenn er ihr nur so
                nahe als möglich kömmt und von Allem am meisten an ihr Theil hat? –
                Ja, so ist es, sagte er; wir werden es wohl zufrieden sein. – Also um eines

                Musterbildes willen, sprach ich, suchten wir sowohl, welcherlei die
                Gerechtigkeit selbst sei, als auch, inwieferne der vollkommen gerechte
                Mann entstehen könne, und welcherlei er sei, und ebenso auch bezüglich
                der Ungerechtigkeit und des ungerechtesten Mannes, um nemlich im
                Hinblicke auf jene und auf die Beschaffenheit, in welcher sie betreffs des
                Glücksstandes und seines Gegentheils sich uns zeigen würden, bezüglich

                unserer selbst zu dem Zugeständnisse genöthigt zu sein, daß, wer jenem
                am ähnlichsten sei, auch am meisten ein ähnliches Loos wie jenes haben
                werde, nicht aber suchten wir jenes in der Absicht, um zu beweisen, daß
                Solches die Möglichkeit in sich habe, wirklich zu entstehen. – Ja, hierin,
                sagte er, sprichst du wahr. – Glaubst du also wohl, es sei Einer weniger
                ein guter Maler, wenn er ein Musterbild, wie wohl der schönste Mensch
                gestaltet sein möge, gemalt und Sämmtliches zu seiner Zeichnung in

                genügender Weise beigebracht hat, dann aber doch nicht die Möglichkeit
                beweisen kann, daß ein solcher Mensch wirklich entstehe? – Gewiß
                nicht, bei Gott, sagte er. – Wie also nun? behaupten nicht auch wir, daß
                wir in unserer Begründung ein Musterbild eines guten Staates entworfen





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