Page 206 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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hält, als auch fähig ist, es selbst und die desselben theilhaftigen Dinge zu
                erblicken, und dabei weder die theilhaftigen Dinge für es selbst noch es
                selbst für die theilhaftigen Dinge hält, scheint dir dieser hinwiederum ein

                wachendes oder ein träumendes Leben zu führen? – In hohem Grade ja,
                sagte er, ein wachendes. – Nicht wahr also, die Denkthätigkeit dieses
                Letzteren möchten wir wohl, da er es ja einsieht, mit Recht als Einsicht
                bezeichnen, hingegen als Meinung jene des Ersteren, weil er ja nur
                Etwas meint? – Ja wohl, allerdings. – Wie nun? wenn dieser, von
                welchem wir sagen, daß er wohl eine Meinung, nicht aber eine Einsicht
                habe, uns grollt und die Wahrheit unserer Behauptung bestreitet, werden

                wir Mittel haben, ihn zu beschwichtigen und ganz gelassen heimlich zu
                überzeugen, daß er eigentlich doch nicht recht bei Trost sei? – Wir sollen
                dieß ja wenigstens, sagte er. – So komm denn und erwäge, was wir zu
                ihm sagen werden; oder willst du, daß wir folgendermaßen ihn ausfragen
                sollen, indem wir vorher sagen, daß, falls er wirklich Etwas wisse, wir es
                ihm nicht mißgönnen, sondern recht gerne es sehen würden, daß er

                Etwas wisse, und dann also ihn fragen: »aber sage uns Folgendes: sieht
                der Einsichtige Etwas ein oder Nichts?« Antworte also du an seiner Statt.
                – So will ich denn antworten, sagte er, daß der Einsichtige Etwas
                einsieht. – Sieht er ein Seiendes oder ein Nichtseiendes ein? – Ein
                Seiendes; denn wie könnte ja ein Nichtseiendes irgend eingesehen
                werden? – Genügend steht uns also dieß fest, auch wenn wir es in
                mehreren Beziehungen erwägen, daß das schlechthin Seiende auch

                schlechthin eingesehen werden kann, ein durchaus Nichtseiendes aber
                schlechthin nicht eingesehen werden kann? – Ja, völlig genügend. –
                Weiter; woferne aber Etwas sich so verhält, daß es sowohl ist, als auch
                nicht ist, möchte Solches dann nicht in Mitte liegen zwischen dem in
                reiner Weise Seienden und zwischen dem durchaus Nichtseienden? – Ja,
                in Mitte. – Nicht wahr also, auf Seite des Seienden stand uns die

                Einsicht, und nothwendig auf Seite des Nichtseienden die
                Einsichtslosigkeit; auf Seite des Mittleren aber müssen wir nun wohl
                etwas Mittleres zwischen der Unkenntniß und dem Wissen suchen,
                woferne es etwas Derartiges gibt? – Ja, allerdings. – Sagen wir also etwa,
                daß die Meinung Etwas sei? – Wie sollten wir auch nicht? – Sagen wir,
                daß sie eine andere Fähigkeit sei, als das Wissen, oder die nemliche? –
                Eine andere. – Also auf Seite eines Verschiedenen steht die Meinung und

                auf Seite eines Verschiedenen das Wissen, jedes von beiden eben nach
                seiner eigenen Fähigkeit? – Ja, so ist es. – Nicht wahr also, das Wissen
                ist von Natur aus auf Seite des Seienden dazu bestimmt, einzusehen, daß







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