Page 22 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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hievon überzeugen können, wenn wir euch nicht anhören? – Dann sicher
                nicht, sagte Glaukon. – Stellt euch also, erwiederte er, die Sache nur so
                vor, als würden wir euch eben nicht anhören. – Und Adeimantos sagte:

                Wißt ihr also etwa nicht einmal, daß gegen Abend zu Ehren der Göttin
                ein Fackellauf zu Pferde sein wird? – Zu Pferde? sagte ich; das ist ja
                etwas ganz Neues; sie werden wohl Fackeln haben und dieselben der
                Reihe nach einander herumgeben, während sie mit den Pferden ein
                Kampfspiel aufführen, oder wie meinst du es sonst? – Eben so, sagte
                Polemarchos; und außerdem noch werden sie eine nächtliche Feier
                veranstalten, welche anzuschauen der Mühe werth ist; wir werden

                nemlich nach dem Abendessen uns wieder von demselben wegbegeben
                und der nächtlichen Feier zuschauen und dort selbst mit vielen jungen
                Männern beisammen sein und mit ihnen uns unterreden; aber bleibt ihr
                nur hier und thut es nicht anders. – Und Glaukon sagte: Es scheint wohl,
                daß wir bleiben müssen. – Wohlan also, sagte ich, wenn es so gut dünkt,
                müssen wir es wohl thun. –

                     2. Wir gingen also in das Haus des Polemarchos hinein und trafen
                dortselbst auch sowohl den Lysias als den Eythydemos, die Brüder des
                Polemarchos, und auch den Chalcedonier Thrasymachos und den
                Paianienser Charmantides und den Kleitophon, den Sohn des
                Aristonymos. Es war aber in dem Hause auch der Vater des
                Polemarchos, nemlich Kephalos, und es schien mir derselbe schon sehr
                alt zu sein; ich hatte ihn nemlich erst seit langer Zeit wieder einmal

                gesehen. Er saß aber da bekränzt auf einem mit einem Kopfkissen
                versehenen Stuhle; nemlich er hatte so eben vorher in dem Hofe des
                Hauses ein Opfer dargebracht. Wir setzten uns also neben ihn, denn es
                standen rings im Kreise einige Stühle dort. Sogleich nun, als Kephalos
                mich sah, liebkoste er mich und sagte: O Sokrates, du kömmst aber auch
                gar nicht häufig zu uns herab in den Piräus: und doch solltest du; wenn

                nemlich ich noch bei Kräften wäre, um leicht zur Stadt zu gehen, so
                brauchtest allerdings du nicht hieher zu kommen, sondern wir kämen
                dann zu dir; nun aber mußt du häufiger hieher kommen; denn wisse
                wohl, daß bei mir in eben dem Maße, als die leiblichen Vergnügungen
                schwächer werden, die Begierde nach begründenden Reden und die
                hierauf bezüglichen Vergnügungen zunehmen. Also thue es nicht anders,
                sondern pflege sowohl mit diesen Jünglingen da einen Umgang, als auch

                besuche uns hier als deine Freunde und dir völlig Verwandte. – Und in
                der That, o Kephalos, sagte ich, ich habe ja meine Freude daran, mit den
                sehr alten Männern mich zu unterreden; denn es scheint mir, als müßte
                von ihnen, welche gleichsam irgend einen Weg schon vorausgegangen





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