Page 224 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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wornach Plato hiemit die demagogische Sophistik gleichsam als geistige
Hurerei bezeichnet., all dasjenige zu thun, was jene loben; darüber aber,
daß Solches in Wahrheit gut und schön sei, wirst du wohl bis jetzt noch
nie von ihnen eine Angabe einer Begründung gehört haben, welche
wenigstens nicht zum Lachen gewesen wäre. – Ich glaube aber, sagte er,
daß ich wohl auch niemals eine andere hören werde. –
8. All dieses demnach bedenke und erinnere dich wieder an jenes
Frühere B. V, Cap. 20.: das Schöne an und für sich, nicht aber die vielen
schönen Dinge, und überhaupt bei jedem Einzelnen das an und für sich
Seiende, nicht aber die vielen einzelnen seienden Dinge, zu ertragen und
daran zu glauben, ist dieß wohl Sache der Menge? – Gewiß am
allerwenigsten, sagte er. – Also weisheitsliebend, sprach ich, kann die
Menge unmöglich sein? – Ja, unmöglich. – Also müssen auch
diejenigen, welche ihre Weisheitsliebe bethätigen, nothwendig von jenen
Vielen getadelt werden. – Ja, nothwendig. – Und demnach auch werden
sie von jenen einzeln zerstreut lebenden Mengen getadelt werden,
welche im Umgange mit dem großen Haufen nur diesem zu gefallen
wünschen. – Ja, dieß ist klar. – Welche Rettung demnach aus solchen
Verhältnissen erblickst du für eine weisheitsliebende Begabung, so daß
dieselbe in ihrer Thätigkeit verbleibe und an’s Ziel gelange? Bedenke
aber auch das Frühere; wir haben nemlich ja zugestanden Oben Cap. 5.,
daß Gelehrigkeit und Gedächtnißgabe und Tapferkeit und Großartigkeit
bei dieser Begabung sich finden. – Ja. – Nicht wahr also, in Allem wird
der derartige Mensch unter allen der erste sein, zumal wenn er auch
einen der Seele entsprechenden Körper hat? – Warum sollte er auch
nicht? sagte er. – Es werden also, glaube ich, wenn er älter geworden ist,
seine Angehörigen und Mitbürger von ihm zu ihren Geschäften
Gebrauch machen wollen. – Warum auch nicht? – Zu seinen Füßen also
werden sie mit Bitten und Ehrenbezeigungen liegen, indem sie schon im
Voraus seine künftige Bedeutsamkeit festbannen und ihr schmeicheln. –
Es pflegt wenigstens, sagte er, gewöhnlich so zu geschehen. – Was
glaubst du also, sprach ich, daß ein Derartiger unter Derartigen thun
werde, zumal wenn er einem großen Staate angehört und in diesem ein
reicher Mann und von angesehenem Geschlechte ist, und außerdem auch
von schöner Gestalt und groß? glaubst du nicht, er werde von
übermäßiger Hoffnung erfüllt werden, in der Meinung, er sei tüchtig
genug, in alle Verhältnisse der Hellenen und der Nicht-Hellenen
einzugreifen? und er werde darüber hoch sich selbst erheben, erfüllt von
Großthuerei und eitlem Selbstvertrauen ohne Verstand? – Ja wohl, gar
sehr, sagte er. – Und wenn denn nun zu einem Manne, welcher in diesem
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