Page 225 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Zustande sich befände, ruhig Jemand hinträte und die Wahrheit spräche,
                daß Verstand ihm nicht einwohne, sondern er desselben erst noch
                bedürfe, ihn aber nicht erwerben könne, wenn er nicht völlig diesem

                Streben allein diene, glaubst du da, es werde wohl leicht geschehen, daß
                jener in Mitten so vieler Uebel ihn anhöre? – Ja, allerdings weit gefehlt,
                sagte er. – Falls aber, sprach ich, in Folge guter Begabung und eigener
                innerer Verwandtschaft doch Einer jene Gründe fühlt und sich lenken
                läßt und zur Weisheitsliebe hingezogen wird, was glauben wir, daß dann
                jene thun werden, welche meinen, es sei dieß für seine Brauchbarkeit
                und für den freundschaftlichen Verkehr mit ihm gefährlich? werden sie

                nicht in Wort und That alles Mögliche sprechen und thun, sowohl
                bezüglich seiner selbst, damit er sich nicht überreden lasse, als auch
                bezüglich des ihn überredenden, damit dieser hiezu nicht im Stande sei,
                indem sie nemlich sowohl im Privatleben Hinterlist üben als auch von
                Staatswegen Verfolgungen veranlassen? – Ja, durchaus nothwendig ist
                dieß, sagte er. – Wird also der Derartige seine Weisheitsliebe irgendwie

                bethätigen? – Allerdings nicht. –
                     9. Siehst du also, sprach ich, daß wir nicht unrichtig sagten Oben
                Cap. 6., daß selbst ja auch die eigenen Theile der weisheitsliebenden
                Begabung, wann sie eine schlechte Pflege finden, gewissermaßen
                Ursache eines Abfalles von der Bethätigung derselben sind, und ebenso
                auch die sogenannten Güter, nemlich Reichtum und all die derartige
                äußere Einrichtung? – Allerdings nicht unrichtig wurde dieß von uns

                gesagt, sondern richtig. – Dieß demnach, du Wunderlicher, sagte ich, ist
                die Gefahr des Unterganges und derartig und so bedeutend ist das
                Verderbniß der besten Begabung bezüglich der trefflichsten Thätigkeit,
                einer Begabung, welche ohnedieß nur, wie wir sagen, in geringer Anzahl
                vorkömmt; und aus diesen Männern demnach entstehen sowohl jene,
                welche die größten Uebel sowohl den Staaten, als auch den Einzelnen

                zufügen, als auch diejenigen, welche das größte Gute, woferne nemlich
                ihre Strömung diese Richtung hat; eine unbedeutende Begabung aber
                leistet niemals irgend Großes weder für einen Einzelnen, noch für einen
                Staat. – Völlig wahr ist dieß, sagte er. – Indem denn nun diese auf solche
                Weise von jenem abfallen, was ihnen am meisten gebührt, lassen sie die
                Weisheitsliebe verödet und ohne Erreichung ihres Zweckes zurück, und
                sie selbst führen ein Leben, welches ihnen nicht gebührt und keine

                Wahrheit in sich hat; in die Weisheitsliebe aber, welche gleichsam von
                allen ihren Verwandten verwaist ist, traten sofort dann Andere, ihrer
                Unwürdige, ein und schändeten sie und fügten ihr jene Schmach zu,
                welche, wie du behauptest, auch jene aussprechen, die sie darüber





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