Page 253 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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sie überhaupt nicht einen einzigen Zielpunkt im Leben haben, im
                Hinblicke auf welchen sie Alles thun sollen, was sie als Einzelne oder in
                staatlicher Beziehung thun, und die letzteren nicht, weil sie niemals mit

                Willen Solches thun werden, in der Meinung, sie seien noch stets bei
                Lebzeiten in den Inseln der Seligen wohnhaft. – Dieß ist wahr, sagte er. –
                Also unsere Aufgabe ist es, sprach ich, von jenen Bewohnern die besten
                Begabungen zu nöthigen, daß sie zu dem Unterrichtsgegenstande,
                welchen wir im Obigen B. VI, Cap. 16 f. als den höchsten bezeichneten,
                kommen und das Gute schauen – und jenen aufwärts führenden Weg
                emporschreiten, und dann aber, wenn sie nach dem Hinaufschreiten es

                genügend geschaut haben, ihnen nicht zu gestatten, was man ihnen jetzt
                gestattet. – Was meinst du hiemit? – Daß sie dortselbst verbleiben, sagte
                ich, und nicht mehr herabsteigen wollen zu jenen Gefangenen und nicht
                teilnehmen wollen an den dortigen Mühen und Ehren, mögen dieselben
                geringfügiger oder gewichtiger sein. – Dann aber, sagte er, werden wir
                ihnen ja Unrecht thun, und bewirken, daß sie ein schlechteres Leben

                führen, während sie die Möglichkeit zu einem besseren haben. –
                     5. Du hast wieder vergessen, mein Freund, sagte ich, daß dem
                Gesetzgeber nicht das am Herzen liegt, auf welche Weise bloß Einer
                Gattung im Staate es ganz hervorragend gut gehe B. VI. Cap. 1., sondern
                daß er dieß für den gesammten Staat durch eine harmonische
                Vereinigung der Bürger, sei es durch Ueberredung oder durch Zwang, zu
                veranstalten sucht, indem er bewirkt, daß sie sich gegenseitig von dem

                Nutzen mittheilen, welchen die Einzelnen für das Gemeinsame
                beizutragen vermögen, und indem er selbst eben derartige Männer in den
                Staat bringt, nicht um sie frei zu lassen, wohin etwa jeder Einzelne sich
                wenden wolle, sondern um sie selbst zur Verknüpfung des Staates zu
                benützen. – Du hast Recht, sagte er; ich vergaß es nemlich wirklich. –
                Erwäge demnach, o Glaukon, sagte ich, daß wir den bei uns

                vorkommenden Weisheitsliebenden auch nicht Unrecht thun werden,
                sondern völlig Gerechtes zu ihnen sagen werden, wenn wir sie nöthigen,
                für die Uebrigen zu sorgen und sie zu bewachen; wir werden nemlich zu
                ihnen sagen: »Jene, welche in den übrigen Staaten als Derartige sich
                finden, nehmen aus guten Gründen an den Plagen in denselben keinen
                Theil; denn ganz von selbst entstehen sie ohne den Willen der
                Staatsform, in der Natur des Rechtes aber liegt es, daß, was ja von selbst

                gewachsen ist, Niemandem einen Dank für Pflege schuldet und daher
                auch nicht geneigt ist, irgend Jemandem die Verpflegungskosten zu
                ersetzen; euch aber haben wir für euch selbst und für den übrigen Staat,
                gleichsam wie in einem Bienenstocke als Weisel und Könige erzeugt,





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