Page 256 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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gemäß eines Rhythmus eine taktvolle Gesinnung ihnen verlieh und auch
                in den mündlichen Aussprüchen Anderes hiemit Verschwistertes enthielt,
                sowohl bei jenen, welche mehr fabelhaft waren, als auch bei denjenigen,

                welche der Wahrheit näher standen; ein Unterrichtsgegenstand aber
                bezüglich eines derartigen Gutes, wie du es jetzt suchst, war in jener
                Bildung nicht enthalten. – Auf’s genaueste ja, sagte ich, erinnerst du
                mich daran; denn wirklich enthielt jene nichts Derartiges; aber, o
                wunderlicher Glaukon, welcher Unterrichtsgegenstand wäre wohl ein
                derartiger; denn die Künste ja schienen uns sämmtlich niedrige Gewerbe
                zu sein? – Wie sollten sie auch nicht? und in der That aber, welch

                anderer Unterrichtsgegenstand bleibt noch übrig, welcher von musischer
                und gymnischer Bildung und von den Künsten getrennt wäre? – Wohlan
                also, sagte ich, wenn wir Nichts außerhalb dieser zu finden vermögen,
                wollen wir vielleicht Etwas aufgreifen, was auf alle diese sich erstreckt?
                – Was meinst du hiemit? – Ich meine Etwas, wie jenes Gemeinsame, von
                welchem alle Künste und jedes Nachdenken und alle Wissenschaften

                Gebrauch machen, was auch Jeder nothwendig schon unter den ersten
                Unterrichtsgegenständen lernt. – Was denn? sagte er. – Jenes Schlichte,
                erwiederte ich, die Unterscheidung des Eins und der Zwei und der Drei;
                ich nenne es aber im Ganzen das Zählen und Rechnen; oder verhält es
                sich betreffs dessen nicht so, daß jede Kunst und jede Wissenschaft
                genöthigt ist, desselben theilhaftig zu werden? – Ja wohl, gar sehr, sagte
                er. – Nicht wahr also, sprach ich, auch die Kriegskunst? – Ja, durchaus

                nothwendig. sagte er. – Als einen sehr lächerlichen Feldherrn wenigstens
                läßt in den Tragödien der PalamedesWas den Palamedes betrifft, welcher
                übrigens durchaus nur dem nachhomerischen Sagenkreise angehört, so
                gilt derselbe einerseits als ein sehr erfindungsreicher, weiser Mann, und
                es wird ihm die Erfindung der Buchstaben und des Maßes und
                Gewichtes, sowie der Wage, des Diskus, des Brettspieles und der Würfel,

                und selbst der Leuchtthürme zugeschrieben; andrerseits aber erscheint er
                als ein Opfer von Intriguen, welche Odysseus gegen ihn während des
                Kampfes von Troja anzettelte und hiezu auch den Agamemnon und den
                Diomedes auf seine Seite zog; es wurde nemlich ein gefälschter Brief
                nebst Gold als angebliche Bestechung, mit welcher sich Priamus an
                Palamedes gewendet habe, in das Zelt des Letzteren gelegt, und nach
                erfolgter Durchsuchung des Zeltes Palamedes vom Heere gesteinigt.

                Nicht bloß die beiden Tragiker Sophokles und Euripides wählten dieses
                Schicksal des Palamedes als Gegenstand von (uns verlornen) Tragödien,
                sondern es war auch ein Lieblings-Thema der Sophisten, die Anklage-
                und Vertheidigungsreden dieses interessanten Rechtsfalles zu bearbeiten.





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