Page 293 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Waffengewalt durch, oder sie haben schon vorher durch Erregung von
Furcht die derartige Staatsverfassung eingesetzt; oder ist es nicht so? –
Ja, allerdings so. – Die Herstellung derselben ist demnach, so zu sagen,
diese. – Ja, sagte er; aber welches denn nun ist die Art und Weise dieser
Verfassung, und welches sind die Fehler, die sie unserer Behauptung zu
Folge enthält? –
Erstens, sagte ich, eben jenes, wie beschaffen ihr Maß ist; sieh
nemlich nur zu; wenn Jemand auf diese Weise die Steuermänner von
Schiffen in Folge der Vermögensschätzung einsetzen wollte, dem Armen
aber, selbst wenn er mehr Geschick zum Steuern hätte, es nicht gestatten
würde. – Wohl eine schlechte Schifffahrt, sagte er, würden sie dann
vollbringen. – Nicht wahr also, auch betreffs jedweden anderen Dinges
oder überhaupt irgend einer Herrschaft verhält es sich ebenso? – Ich
wenigstens glaube es. – Etwa mit Ausnahme des Staates? sagte ich; oder
auch betreffs des Staates? – Gewiß ja zu höchsten Grade, sagte er, je
mehr diese Herrschaft die schwierigste und größte ist. – Dieß demnach
wäre der Eine so bedeutende Fehler, welchen die Oligarchie enthält. – Ja,
so zeigt sich’s. – Wie aber? ist der folgende etwa kleiner als Dieser? –
Welcher? – Daß der derartige Staat nothwendig nicht Einer, sondern
zwei sein muß, nemlich einerseits ein Staat der Armen und andrerseits
ein Staat der Reichen, welche an der nemlichen Stelle beisammen
wohnen und immer einander nachstellen. – Bei Gott, sagte er, kein
kleinerer Fehler ist dieß. – Ist aber nun etwa Folgendes etwas Schönes,
daß sie vielleicht unfähig sind, irgend einen Krieg zu führen, da sie ja
genöthigt sind, entweder die Menge als eine bewaffnete beizuziehen und
dann diese mehr als selbst die Feinde zu fürchten, oder sie nicht
beizuziehen und dann in der That als ein Herrscherreich WenigerEin
Wortspiel, da ja Oligarchie wörtlich »Herrschaft Weniger« bedeutet. bei
dem Kampfe sich zu zeigen, und dann auch, daß sie nicht den Willen
haben, Geld beizutragen, weil sie ja eben geldliebend sind? – Allerdings
nichts Schönes ist dieß. – Wie aber? was wir schon längst getadelt haben
B. II, Cap. 11 u. B. IV, Cap 3., nemlich jene Vielgeschäftigkeit, daß Ein
und die Nemlichen zugleich Ackerbauer und Gelderwerber und Krieger
sind, wie es bei der derartigen Staatsverfassung der Fall ist, scheint dir
dieß sich richtig zu verhalten? – In keiner Weise. –
7. Sieh demnach zu, ob diese Verfassung nicht die erste sei, welche
von all diesen Uebeln noch das größte im Folgenden enthält. – In
welchem? – Daß es erlaubt ist, all das Seinige zu verkaufen, und jedem
Andern, die Habe dessen, der sie verkauft, zu erwerben, und so nach dem
Verkaufe Einer in dem Staate wohne, welcher kein Theil des Staates
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