Page 297 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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derartigen Kämpfe willen kein Geld aufwenden, weil er sich ja scheut,
                die auf Aufwand bezüglichen Begierden zu wecken und zu irgend einer
                Bundesgenossenschaft und einem Wetteifer des Streites herbeizurufen,

                sondern nur vermittelst einiger weniger Dinge, welche in ihm liegen,
                führt er in oligarchischer Weise den Kampf, mit der Mehrzahl derselben
                aber unterliegt er und bleibt dabei reich. – Ja wohl, gar sehr, sagte er. –
                Werden wir also, sprach ich, es noch bezweifeln, daß entsprechend dem
                oligarchisch regierten Staate vermöge einer Aehnlichkeit der Sparsame
                und der Gelderwerber seine Stelle habe? – Nein, keineswegs, sagte er. –
                     10. Betreffs der Demokratie demnach müssen wir, wie es scheint, es

                nun erwägen, sowohl auf welche Weise sie entstehe, als auch, welche Art
                und Weise sie, wenn sie entstanden, an sich habe, damit wir
                hinwiederum auch die Art und Weise des derartigen Menschen erkennen
                und ihn zur Beurtheilung aufstellen. – Wir würden dann wenigstens,
                sagte er, uns bei unserem Wege, welchen wir gehen, gleich bleiben. –
                Nicht wahr also, sprach ich, es schlägt wohl irgend auf folgende Weise

                aus einer Oligarchie in eine Demokratie um, in Folge einer
                Unersättlichkeit in jenem, was als Gut gilt, nemlich daß man so reich als
                möglich werden solle? – Wie so? – Weil die Herrscher in derselben
                wegen ihrer großen Besitzthümer bei ihrer Herrschaft es nicht gesetzlich
                verwehren wollen, daß diejenigen unter den Jünglingen, welche zügellos
                sind, ihre Habe aufwenden und durchbringen dürfen, damit nemlich sie
                selbst dann die Habe Solcher käuflich an sich bringen und durch Geld-

                Darlehen an sie noch reicher und hiedurch noch angesehener werden. –
                Ja, um jeden Preis. – Nicht wahr also, dieß ist von vorneherein in diesem
                Staate klar, daß es bei den Bürgern eine Unmöglichkeit ist, zugleich den
                Reichthum zu ehren und Besonnenheit in genügender Weise zu erlangen,
                sondern daß sie nothwendig entweder das eine oder das andere von
                diesen beiden vernachlässigen müssen. – Ja, so ziemlich klar ist dieß,

                sagte er. – Indem sie demnach in den Oligarchien zuweilen gar nicht
                unedle Naturen auf diese Weise vernachlässigen und in Ziellosigkeit
                leben ließen, nöthigten sie dieselben, arm zu werden. – Ja, gar sehr. –
                Diese dann sitzen nun, glaube ich, im Staate da, mit Stacheln versehen
                und zugleich entwaffnet, die Einen als Schuldner, Andere der
                Bürgerrechte verlustig, Andere beides zugleich, in Haß und Tücke gegen
                jene, welche ihre Habe an sich gebracht haben, sowie gegen alle

                Uebrigen, stets nach Neuerung strebend. – Ja, so ist es. – Die
                Gelderwerber hingegen sind eben auf dieß erpicht und scheinen
                dieselben gar nicht zu bemerken, sondern schleudern auf jeden der
                Uebrigen, welcher immer sich ihnen darbietet, wieder Geld als





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