Page 302 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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zur äußeren Thätigkeit brauchbar sind? – Wie anders? – In dieser Weise
                demnach wollen wir es auch bezüglich des Liebesgenusses und der
                übrigen Begierden behaupten? – Ja, in dieser Weise. – Und von jenem

                also, welchen wir so eben jetzt als Drohne bezeichneten, sagten wir, daß
                er von derartigen Vergnügungen und Begierden strotze und durch die
                nicht nothwendigen beherrscht werde, daß hingegen, wer von den
                nothwendigen beherrscht werde, ein Sparsamer und Oligarchischer sei. –
                Wie sollte es aber auch anders sein? –
                     13. Von vorne demnach, sagte ich, wollen wir wieder angeben, wie
                aus einem Oligarchischen ein Demokratischer entstehe; es zeigt sich mir

                aber, daß er meistenteils in folgender Weise entstehe. – In welcher? –
                Wenn er als Jüngling, wie wir so eben angaben, ohne Bildung und in
                Sparsamkeit aufgewachsen den Honig der Drohnen zu kosten bekommen
                hat und in Verkehr mit flammenden und fürchterlichen Thieren tritt,
                welche die Fähigkeit haben, allerlei bunte und mannigfaltige
                Vergnügungen zu bereiten, glaubst du dann, daß da wohl der Anfang

                davon sei, daß die in ihm befindliche oligarchische Richtung in eine
                demokratische umschlägt? – Ja, durchaus nothwendig, sagte er, muß sie
                es. – Wird also wohl, sowie der Staat dann umschlug, wenn der einen der
                beiden Parteien von Außen her eine Bundesgenossenschaft, nemlich eine
                gleiche der gleichen, zu Hülfe kam, ebenso auch jener Jüngling
                umschlagen, wenn hinwiederum von Außen her eine Gattung von
                Begierden dem einen der in ihm befindlichen Theile zu Hülfe kömmt,

                nemlich eine mit diesem verwandte und ihm gleiche? – Ja, durchaus
                wohl. – Und wenn ja nun, glaube ich, wieder eine Bundesgenossenschaft
                dem Oligarchischen in ihm Gegenhülfe leistet, sei es von Seite des
                Vaters oder der übrigen Angehörigen, welche ihn belehren oder schelten,
                dann entsteht Partei und Gegenpartei und ein Kampf in ihm gegen sich
                selbst. – Warum nicht? – Und irgend einmal, glaube ich, weicht das

                Demokratische vor dem Oligarchischen zurück und die einen der
                Begierden gehen dabei zu Grunde, andere werden verbannt, da ein
                Schamgefühl sich in der Seele des Jünglinges einstellte, und er ist wieder
                ein Ordentlicher geworden. – Ja, bisweilen geschieht dieß, sagte er. –
                Hinwiederum aber, glaube ich, sind andere Begierden, welche mit den so
                eben verbannten verwandt sind, neuerdings herangezogen worden und
                durch die Unkenntniß des Vaters bezüglich der Erziehung in großer

                Anzahl und Macht entstanden. – Es pflegt wenigstens, sagte er, so zu
                geschehen. – Nicht wahr also, diese ziehen ihn zu eben jenem nemlichen
                Umgangs hin und erzeugen in geheimer Uebung dieses Verkehres wieder
                eine Menge. – Warum nicht? – Zuletzt denn nun, glaube ich, besehen sie





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