Page 313 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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in unseren Staat nicht aufnehmen werden, weil sie eben die
Gewaltherrschaft besingen. – Ich glaube, sagte er, daß wenigstens die
Feineren unter ihnen es uns verzeihen werden. – Aber in den übrigen
Staaten ja gehen sie umher und versammeln den Pöbel, und verführen,
indem sie gar herrliche und hochtrabende und glaubhafte Sprüche zu
leihen nehmen, die Staaten zur Gewaltherrschaft und Demokratie. – Ja
wohl, gar sehr. – Nicht wahr also, auch Lohn bekommen sie noch dazu
und werden geehrt, zumeist wohl, wie es kaum anders sein kann, von
Gewaltherrschern, und zweitens auch von Demokratien; je höher aber sie
in dem aufwärts gehenden Wege der Verfassungen nach Oben kommen,
desto mehr läßt sie diese Ehre im Stiche, indem dieselbe gleichsam aus
Beklemmung des Athems nicht mehr gehen kann. – Ja, allerdings. –
19. Aber wir sind ja hiemit, sagte ich, auf einen Nebenweg
gekommen; wir wollen aber nun wieder von Vorne in Bezug auf jenes
Heerlager des Gewaltherrschers, jenes herrliche und zahlreiche und
bunte, welches niemals das nemliche ist, angeben, woher es denn
erhalten werde. – Klar ja ist, sagte er, daß wenn Tempel-Vermögen sich
im Staate findet, er dieses verwenden werde, so weit nemlich immer das
Veräußerte reichen wird, indem er dann dem Volke weniger Geldbeiträge
auferlegt. – Wie aber, wenn dieses nicht reicht? – Dann ist klar, sagte er,
daß aus dem Vermögen seines Vaters sowohl er selbst, als auch seine
Trinkgenossen und seine Gefährten und Gefährtinnen werden erhalten
werden. – Ich verstehe, sprach ich, daß dann das Volk, welches der
Erzeuger des Gewaltherrschers ist, ihn und seine Gefährten ernähren
wird. – Ja, durchaus nothwendig, sagte er, ist dieß für ihn. – Wie meinst
du aber dann? sagte ich, wenn das Volk hierüber entrüstet wird und sagt,
es sei nicht gerecht, daß der in der Kraft der Jahre gehende Sohn von
seinem Vater ernährt werde, sondern umgekehrt von dem Sohne der
Vater, und es habe ihn nicht deshalb erzeugt und eingesetzt, um, wenn er
groß geworden, dann ein Sklave seiner Sklaven zu sein und ihn nebst
den Sklaven und anderem Gesindel zu ernähren, sondern nur um von den
Reichen und von denjenigen, welche im Staate als die»Guten und
Trefflichen«Gewöhnliche Bezeichnung der Anhänger der
aristokratischen Partei in Athen, entsprechend dem »
optimates
« bei den Römern. – Uebrigens ist auch die Vergleichung des attischen
Demos mit einem läppischen alten Herren, welcher von seinen Söhnen
oder Sklaven am Narrenseile herumgezogen wird, bei den Komikern
eine ziemlich häufige. bezeichnet werden, unter seiner Vorsteherschaft
befreit zu werden; und dann nun heißt das Volk ihn und seine Genossen
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