Page 327 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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uns hiedurch es klar würde, so oft wir von diesem Theile der Seele
                sprechen; und wir ihn mit Recht als das Geldliebende und
                Gewinnliebende bezeichnen würden. – Ja, mir wenigstens, sagte er,

                scheint es so. – Wie aber bei dem Muthigen? sagen wir nicht, daß es
                sämmtlich immer auf Bewältigung und auf Sieg und auf das Ruhmvolle
                hinstrebe? – Ja wohl, gar sehr. – Wenn wir es also als ein Streitliebendes
                und Ehrliebendes bezeichnen würden, wäre dieß dann passend? – Ja,
                höchst passend. – Nun aber von demjenigen, vermittelst dessen wir
                lernen, ist es ja Jedem klar, daß es stets in gespannter Thätigkeit auf das
                Wissen der Wahrheit, wie sich nemlich diese bei Allem verhalte,

                gerichtet ist, und daß diesem unter den Teilen der Seele am wenigsten an
                Geld und Ruhm liegt. – Ja, bei Weitem. – Wenn wir es demnach ein
                Lernbegieriges und Weisheitsliebendes nennen, so wäre dieß wohl
                sachgemäß? – Wie sollte es auch nicht so sein? – Nicht wahr also, sagte
                ich, es übt nun auch in den Seelen der Einen dieser Theil die Herrschaft
                aus, in jenen Anderen aber ein anderer, je nachdem sich’s eben trifft? –

                Ja, so ist es, sagte er. – Darum also wollen wir auch bezüglich der
                Menschen sagen, daß es drei ursprüngliche Gattungen derselben gebe,
                eine weisheitsliebende, eine streitliebende, eine gewinnliebende. – Ja,
                gewiß. – Und daß es also auch drei Arten von Vergnügungen gebe, deren
                je Eine einer jeden von jenen zu Grunde liege. – Ja, allerdings. – Weißt
                du also, sagte ich, daß, wenn du drei derartige Menschen, der Reihe nach
                jeden Einzelnen, fragen würdest, welche von diesen Lebensweisen die

                vergnüglichste sei, gewiß ein Jeder die seinige am meisten preisen wird?
                Der Gelderwerber wird sagen, daß im Vergleiche mit der Erreichung
                eines Gewinnes das Vergnügen der Ehre oder des Lernens Nichts werth
                sei, woferne nemlich man sich hieraus nicht Geld macht. – Dieß ist wahr,
                sagte er. – Wie aber ist es bei dem Ehrliebenden? sagte ich; wird er nicht
                der Ansicht sein, daß das aus Geld fließende Vergnügen ein niedriges,

                hinwiederum aber das aus dem Lernen fließende, insoweit der
                Lerngegenstand nicht Ehre bringt, nur Dunst und Geschwätz sei? – Ja, so
                verhält es sich, sagte er. – Was aber den Weisheitsliebenden betrifft,
                sprach ich, welche Meinung sollen wir glauben, daß er von den übrigen
                Vergnügungen habe im Vergleiche mit jenem, wenn man das wirkliche
                Verhalten des Wahren weiß und in Derartigem stets als ein Lernender
                sich bewegt? sollen wir nicht glauben, daß er dieselben, da sie von

                seinem wahren Vergnügen weit entfernt sind, in der That nur als
                nothwendige bezeichnen wird, weil er eben jene übrigen nicht bedarf,
                außer nur so weit es nothwendig istDie Stelle ist im griechischen Texte
                verdorben (der mit philologischer Kritik vertraute Leser wird aus meiner





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