Page 340 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Bundesgenosse ist, und ebenso auch die Herrschaft über die Kinder,
                nemlich daß wir denselben nicht Freiheit gestatten, bis wir in ihnen wie
                in einem Staate eine Verfassung hergestellt und durch Pflege des Besten

                in ihnen für jenes, was in uns so ist, einen entsprechenden ähnlichen
                Wächter und Herrscher in ihnen eingesetzt haben, und eben dann erst sie
                frei lassen. – Ja, auch dieses drückt es uns aus, sagte er. – In welcher
                Beziehung demnach, o Glaukon, und nach welchem Grunde sollen wir
                behaupten, daß es gewinnbringend sei, Unrecht zu thun oder zügellos zu
                sein oder irgend Schimpfliches zu verüben, in Folge dessen man wohl
                schlechter wird, aber mehr Geld oder sonstige Macht erwirbt? – In keiner

                Beziehung, sagte er. – Oder in welcher Beziehung, daß es
                gewinnbringend sei, beim Unrechtthun unbemerkt zu bleibe und nicht
                bestraft zu werden? Oder wird nicht der unbemerkt Bleibende noch
                schlechter, wohingegen bei jenem, welcher nicht unbemerkt bleibt und
                bestraft wird, das Thierische beschwichtigt und gezähmt, das Zahme
                aber befreit wird; und gewinnt nicht überhaupt die ganze Seele, wenn sie

                zur besten Begabung sich hinwendet, indem sie Besonnenheit und
                Gerechtigkeit in Verbindung mit Verständigkeit erwirbt, eine
                vorzüglichere Haltung, als der Leib, wenn er Kraft und Schönheit in
                Verbindung mit Gesundheit gewinnt, und zwar um so mehr, je
                vorzüglicher die Seele im Vergleiche mit dem Leibe ist? – Ja, durchaus
                so, sagte er. –
                     Nicht wahr also, der Verständige wird Alles, was in ihm ist, auf

                dieses hin anspannen und so sein Leben führen, indem er erstens die
                Unterrichtsgegenstände ehrt, welche seine Seele zu einer derartigen
                machen, alle übrigen aber mißachtet? – Ja, klärlich, sagte er. – Sodann
                aber, sagte ich, wird er das Verhalten und die Pflege des Körpers
                keinenfalls dem thierischen und unvernünftigen Vergnügen preisgeben
                und etwa dorthin gerichtet sein Leben führen, aber auch nicht auf

                Gesundheit wird er hinblicken, oder jenes hoch in Ehren halten, daß er
                stark oder gesund oder schön sei, falls nicht auch Besonnenheit hieraus
                ihm erwächst, sondern stets wird es sich zeigen, daß er die Harmonie
                seines Körpers nur um des Einklanges in seiner Seele willen harmonisch
                herstellt. – Ja, durchaus so, sagte er, woferne er in Wahrheit musisch
                gebildet sein will. – Nicht wahr also, sprach ich, ebenso auch bezüglich
                der Ordnung und des Einklanges im Gelderwerbe? und er wird die

                massenhafte Menge desselben nicht etwa betäubt durch die
                Lobpreisungen seitens des großen Haufens in’s Unbegrenzte vermehren,
                dabei unbegrenzt viele Uebel besitzend. – Ich glaube sicher nicht, sagte
                er. – Sondern hinblicken, sprach ich, wird er auf die in ihm befindliche





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