Page 346 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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wesentlich nichts Anderes, als ein Abklatsch secundärer Wesenheiten,
nemlich ein Abklatsch der vielheitlich zerfahrenen einzelnen Dinge, wie
sie eben als einzelne erscheinen (vielleicht wird hiemit dem Leser der
Ursprung des abgeschmackten Ausdruckes »nachahmende Künste« von
selbst klar, über welchen man gewöhnlich hinwegeilt, ohne sich
Rechenschaft zu geben). Also, mit Einem Worte, Plato mißkennt gerade
dasjenige, was die Kunst zur Kunst macht, nemlich die selbstständige
und unabhängige schaffende Kraft, durch welche concrete Dinge in die
Welt gesetzt werden, welche ohne die Kunst eben nicht da wären. Plato
muß demnach wirklich den olympischen Zeus des Phidias und alle jene
eminenten Werke wahrer genialer Schöpfergabe der Kunst, welche ihn in
Athen so reich umgaben, für Nichts als für einen Abklatsch der
gewöhnlichen auf der Straße herumwandelnden Athener gehalten haben;
ich will nicht an die Musik, nicht an die architektonischen Ideen, nicht an
all Dergleichen erinnern, denn sonst müßten wir dem Plato ein oben
gebrauchtes Wort zurückgeben und von Philosophen sprechen, welche
zwar in die Sonne schauen können, aber in Allem, was ächt menschlich
ist, und gehöre es auch zu dem Edelsten und Erhabensten, was die
Menschheit besitzt, stumpfsichtig sind. Vgl. unten, Anm. 337.. – Dieß
also wird auch der Tragödiendichter sein, woferne er ein Nachahmer ist,
in dritter Linie vom Königlichen und von der Wahrheit entfernt
hervorgewachsen, und ebenso auch alle übrigen Nachahmer. – Ja, es
kömmt darauf hinaus. – Was also den Nachahmer betrifft, so haben wir
uns hiemit über ihn verständigt. Sage mir aber betreffs des Malers
Folgendes: Scheint er dir eben jenes, was jedes Einzelne nach seiner
natürlichen Wesenheit an und für sich ist, nachahmen zu wollen, oder die
Werke jener Verfertiger? – Die Werke der Verfertiger, sagte er. – Etwa
so, wie sie sind, oder so, wie sie sich zeigen? dieß nemlich sollst du mir
noch entscheiden. – Wie meinst du dieß? sagte er. – Folgendermaßen:
Wenn du einen Stuhl von der Seite her und wenn du ihn gerade
gegenüber oder sonst in irgend einer Richtung betrachtest, unterscheidet
er sich dabei selbst von sich selbst, oder ist es so, daß er sich von sich
nicht unterscheidet, hingegen nur dem Scheine nach von anderer
Beschaffenheit ist; und ebenso auch bei den übrigen Dingen? – Ja, so ist
es, sagte er; er scheint wohl ein anderer zu sein, unterscheidet sich aber
in sich nicht. – Eben dieß nun erwäge. Nach welchem von diesen beiden
hin ist die Malerei bei jedem Einzelnen gerichtet? etwa darauf, das
Seiende, wie es sich verhält, nachzuahmen, oder auf das Erscheinende,
wie es erscheint, und ist sie eine Nachahmung einer Erscheinung, oder
einer Wahrheit? – Einer bloßen Erscheinung, sagte er. – Also weit von
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