Page 38 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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die Herrscher unfreiwillig etwas für sie selbst Schlimmes gebieten, für
die Anderen aber es zufolge deiner Behauptung gerecht ist, das zu thun,
was jene geboten haben. Muß also dann, o weisester Thrasymachos,
nicht nothwendig es sich eben auf diese Weise ergeben, daß es gerecht
sei, das Gegentheil von jenem zu thun, was du sagst? denn es wird
hiemit den Schwächeren geboten, das den Stärkeren Unzuträgliche zu
thun, – Ja bei Gott, o Sokrates, sprach Polemarchos; ganz deutlich ja ist
es. – Ja besonders dann, sagte Kleitophon, das Wort nehmend, wenn du
ihm Zeuge bist. – Und was bedarf es auch, erwiederte jener, eines
Zeugen? Denn Thrasymachos selbst gesteht ja zu, daß die Herrschenden
bisweilen etwas ihnen selbst Schlimmes gebieten, es aber für die
Beherrschten gerecht sei, solches dann zu thun. – Ja, nemlich daß man
dasjenige, o Polemarchos, was von den Herrschenden befohlen wird,
vollziehe, dieß hat Thrasymachos als ein Gerechtes aufgestellt. – Ja,
nemlich er hat auch, o Kleitophon, das dem Stärkeren Zuträgliche als das
Gerechte aufgestellt; eben aber indem er dieß beides aufstellte, hat er
zugestanden, daß hinwiederum zuweilen die Stärkeren das ihnen
Unzuträgliche den Schwächeren und Beherrschten zum Vollzuge
gebieten; in Folge dieser Zugeständnisse aber dürfte in nicht höherem
Grade das dem Stärkeren Zuträgliche ein Gerechtes sein, als das jenem
nicht Zuträgliche. – Aber, sagte Kleitophon, unter dem dem Stärkeren
Zuträglichen meinte er dasjenige, wovon der Stärkere glaubt, daß es ihm
zuträglich sei; dieß nemlich müsse der Schwächere thun, und dieß stellte
er als das Gerechte auf. – Aber so, sprach Polemarchos, wurde es vorhin
nicht ausgedrückt. – Es macht dieß, o Polemarchos, sagte ich, keinen
Unterschied, sondern wenn Thrasymachos es jetzt auf diese Weise meint,
so wollen wir es uns auf diese Weise von ihm gefallen lassen.
14. Und sage mir hiemit, o Thrasymachos, war es dieß, was du unter
dem Gerechten verstanden wissen wolltest, nemlich das dem Stärkeren
Zuträgliche, inwieferne es dem Stärkeren ein solches zu sein scheint,
mag es dabei wirklich zuträglich sein oder nicht? Sollen wir sagen, daß
du es so meinst? – Nein, durchaus nicht, sagte er; oder glaubst du, daß
ich einen Stärkeren den Irrenden nenne, wann er irrt? – Ja, erwiederte
ich, ich wenigstens glaubte, du meinest dieses, als du zugestandest, daß
die Herrschenden nicht frei von allem Irrthume seien, sondern irgend
auch irren. – Du bist ja ein Wortverdreher, o Sokrates, sagte er, in deinen
Reden, denn alsogleich wirst du auf diese Weise denjenigen einen Arzt
nennen, welcher betreffs der Kranken irrt, und zwar gerade in jener
Beziehung, in welcher er irrt, oder einen Rechner denjenigen, welcher in
einer Rechnung irrt, gerade dann, wann er irrt, und zwar in Bezug auf
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