Page 395 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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demnach Einem nicht frei, dem Vaterlande so gleichsam aus dem
                Stegreife, und wann man gerade will, Hülfe zu leisten, so sehr es auch
                von Gefahren bedrängt seyn mag, wenn man nicht auf einem

                Standpunkte steht, wo man dazu befugt ist. Und da kommt mir immer
                besonders Das in den Aeußerungen jener gelehrten Männer sonderbar
                vor, daß sie, ungeachtet sie eingestehen, sie verstehen das Staatsschiff
                selbst bei ganz ruhigem Meere nicht zu lenken, da sie Dieß weder
                gelernt, noch nach der Kenntniß davon je getrachtet hätten, auftreten und
                sagen, sie werden sich an das Steuerruder stellen, wenn die Fluten recht
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                heftig empört aufwallen.   Denn ganz offen pflegen sie zu sagen, ja sich
                dessen noch gar sehr zu rühmen, sie haben von den Regeln, wie man
                Staaten einrichten oder in ordentlichem Stande erhalten müsse, nie Etwas
                gelernt, und verstehen es auch nicht zu lehren, und äußern die Ansicht,

                nicht den Gelehrten und Weisen müsse man hierin Kenntniß zumuthen,
                sondern sie gehöre den in diesen Geschäften Geübten und Bewanderten.
                Wie reimt sich nun Dieß aber mit ihrer Aeußerung, sie wollen dem
                Staate erst dann doch mit Rath und That beistehen, wenn der dringendste
                Nothfall eingetreten sey, da sie doch in dem viel leichtern Falle, nämlich
                wenn gar keine Noth vorhanden ist, den Staat nicht zu lenken verstehen?
                Mein Urtheil ist: möchte es sogar wohl gethan seyn, daß der Weise sich
                nicht unaufgefordert in die Verwaltung des Staates zu mischen pflege,

                und daß er erst, wenn nöthigende Umstände eintreten, die Uebernahme
                einer solchen Verpflichtung nicht mehr verweigere; so wäre es doch
                gerathen, daß der Weise die Kenntniß der bürgerlichen Verhältnisse nicht
                vernachlässige; schon darum, weil er sich ja auch auf Das gefaßt machen
                sollte, wovon er nicht weiß, ob er nicht dennoch einmal davon werde

                Gebrauch machen müssen.          60
                     7. Ich habe mich hierüber aus dem Grunde ausführlich
                herausgelassen, weil ich mir vorgenommen habe, in dem vorliegenden
                Werke eine Untersuchung über den Staat niederzulegen. Damit aber
                diese Erörterung nicht als überflüssig erscheinen möchte, mußte ich doch

                erst die Bedenklichkeit aus dem Wege räumen, als sey vielleicht die
                Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten etwas Ungehöriges.
                Sollte es jedoch Welche geben, bei denen das Ansehen der Philosophen
                überwiegt, die mögen dem Folgenden einige Aufmerksamkeit schenken,
                und den Männern Gehör geben, die bei den unterrichtetsten Leuten im
                höchsten Ansehen und Ruhme stehen: Männern, von denen ich die

                Ueberzeugung habe, daß sie, falls auch Mancher von ihnen keine Rolle
                in Verwaltung des Staates gespielt haben sollte, dennoch, vermöge ihrer
                vielen Untersuchungen und Schriften über den Staat, in das Staatsleben




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