Page 399 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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                Quästorenalter.   Nachdem er sie Alle begrüßt, machte er durch eine
                Umwendung in der Säulenhalle, daß Lälius in die Mitte kam. Es bestand
                nämlich unter diesen beiden Männern in ihren freundschaftlichen
                Verhältnissen eine Art von [stillschweigender] Uebereinkunft, daß im
                Felde Lälius dem Africanus wegen seines ausgezeichneten Kriegsruhmes
                einen fast übermenschlichen Rang einräumte; wogegen Scipio zu Hause
                den Lälius, als den Aeltern, mit einer Art von kindlicher Achtung
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                verehrte.   Als sie nun ein Paar Gänge durchwandelt und einige Worte
                mit einander gewechselt hatten, auch sich Scipio über ihre Ankunft sehr
                vergnügt und erfreut bezeugte, wurden sie einig, sich, weil es eben
                Winterzeit war, an dem sonnigsten Platze der kleinen Wiese

                niederzusetzen. Eben waren sie im Begriffe, Dieß zu thun, da trat noch
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                M. Manilius zu ihnen, ein einsichtsvoller   und der ganzen Gesellschaft
                sehr willkommener und lieber Mann; der sich dann, nachdem ihn Scipio
                und die Andern auf's freundschaftlichste begrüßt, neben dem Lälius
                niederließ.

                     13. Ich denke, begann Philus, wir brauchen darum, weil diese
                [Freunde] gekommen sind, eben keinen andern Unterhaltungsstoff
                aufzusuchen, sondern den Gegenstand nur noch gründlicher zu
                besprechen, und darüber Etwas zu sagen, was von ihnen gehört zu
                werden verdient. Nun, fiel Lälius ein, woran waret ihr denn eben?

                worüber unterhieltet ihr euch denn, als wir euch unterbrachen? Philus.
                Soeben hatte mich Scipio gefragt, was ich denn von der von allen Seiten
                her bestätigten Nachricht halte, daß eine Doppelsonne gesehen worden
                sey? Lälius. Wirklich, Philus? sind wir schon so im Reinen mit Dem,
                was unser Haus [unsere nächsten Umgebungen] und unser Vaterland
                angeht, daß wir uns mit unsern Untersuchungen bereits bis zum Himmel
                versteigen? Nun, erwiederte Jener, meinst du nicht, es gehöre auch Das
                zu unserm Hause, daß wir wissen, was gerade zu Hause geschieht und

                vorgeht? Unser Haus aber nenne ich nicht den Raum, den unsere [vier]
                Wände einschließen, sondern die ganze Welt, die uns von den Göttern
                zur gemeinsamen Wohnung und Heimath mit ihnen angewiesen ist;                     75

                zumal da wir, wenn wir damit unbekannt sind, mit gar Vielem und
                Bedeutendem unbekannt bleiben müssen. Ich meines Theils, und
                wahrhaftig auch du, Lälius, und Alle, die nach Weisheit streben, wir
                finden an der Erkenntniß und Betrachtung der Dinge schon an sich ein
                Vergnügen. Ich habe nichts dagegen, antwortete Lälius, besonders da wir
                gegenwärtig ja Ferien haben. Aber gibt es auch für uns noch Etwas zu
                hören, oder sind wir zu spät gekommen? Philus. Bis jetzt habt ihr noch






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