Page 44 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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gar nicht zu bekümmern, oder auch das nicht zu beachten, ob wir in
Folge der Unwissenheit über jenes, was du zu wissen behauptest,
schlechter oder besser unser Leben führen werden. Zeige dich aber
hingegen, mein Guter, bereitwillig, auch uns jenes vorzuführen, denn
wahrlich nicht schlecht soll die Wohlthat bewahrt bleiben, welche du
uns, die wir so viele sind, hiedurch erweisen wirst. Ich nemlich sage dir
hiemit denn auch meinerseits, daß ich mich nicht davon überzeugen und
es nicht glauben kann, daß die Ungerechtigkeit gewinnbringender als die
Gerechtigkeit sei, auch dann nicht, wenn man sie gewähren läßt und
nicht daran hindert, zu verfahren, wie sie nur will; sondern, mein Guter,
gesetzt auch, es sei Einer ungerecht und habe auch die Fähigkeit,
Unrecht zu thun, indem er entweder nicht entdeckt wird oder in offenem
Kampfe es durchsetzt, so wird er dennoch mich wenigstens nicht davon
überzeugen, daß dieß gewinnbringender als die Gerechtigkeit sei. Ebenso
also ergeht es vielleicht auch manchem Anderen unter uns, nicht bloß
mir allein; also überzeuge uns, o du Hochzupreisender, davon, daß wir
nicht richtig berathen sind, wenn wir die Gerechtigkeit höher als die
Ungerechtigkeit schätzen. – Und wie soll ich, sagte er, dich überzeugen?
denn wenn du durch dasjenige, was ich so eben gesagt habe, nicht
überzeugt worden bist, was soll ich mit dir noch weiter anfangen? oder
soll ich dir etwa meine Begründung in die Seele selbst hineintragen und
dort sie niederlegen? – Nein, bei Gott, sagte ich, du wenigstens sicher
nicht. Hingegen erstens bleibe nur bei jenem, was du sagst, fest stehen,
oder wenn du es anders wendest, so wende es in augenfälliger Weise
anders, und täusche uns nicht. Nun aber siehst du ja, o Thrasymachos, –
wir wollen nemlich noch immer das Vorhergehende erwägen –, daß,
nachdem du zuerst den Begriff des wahren Arztes festgestellt, du bei
dem des wahren Hirten später es nicht mehr genau einhalten zu müssen
glaubtest, sondern der Meinung warst, er müsse, insoweit er ein Hirt ist,
die Schafe nicht im Hinblicke auf das Beste der Schafe hüten, sondern
wie ein Esser und wie Jemand, welcher ein Mahl geben will, im
Hinblicke auf üppigen Genuß, oder auch hinwiederum im Hinblicke auf
das Verkaufen, wie ein Gelderwerber, eben nicht aber wie ein Hirt. Die
Kunst des Hirten aber kümmert sich doch wohl nicht um etwas Anderes,
als daß sie für dasjenige, wofür sie aufgestellt ist, das Beste
herbeischaffe, da ja, was ihr eigenes bestes Sein betrifft, doch wohl
schon hinreichendes herbeigeschafft ist, so lange sie nur es daran nicht
fehlen läßt, daß sie eben die Kunst des Hirten ist. So aber glaubte
wenigstens ich, daß jetzt wir es nothwendig auch bezüglich einer jeden
Herrschaft zugestehen müssen, daß, insoweit sie herrscht, sie für nichts
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