Page 45 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Anderes das Beste erwägt als für das von ihr Beherrschte und Gepflegte,
                sowohl in der staatlichen als auch in der von Einzelnen geübten
                Herrschaft. Du aber nun, glaubst du von den Herrschern in den Staaten,

                nemlich von den wahrhaft Herrschenden, daß sie freiwillig herrschen? –
                Bei Gott, sagte er, ich glaube es nicht bloß, sondern ich weiß es gewiß. –
                     18. Wie so aber, o Thrasymachos, sagte ich; bemerkst du denn nicht,
                daß auch bei den übrigen Uebungen einer Herrschaft Keiner freiwillig
                sie übernehmen will, sondern Alle einen Lohn fordern, eben als ergebe
                sich nicht schon für sie selbst aus der Herrschaft ein Nutzen, sondern
                gerade für die Beherrschten? denn sage mir nur so viel: bezeichnen wir

                nicht eine jede der KünsteEs fällt nemlich Kunst und Uebung einer
                Herrschaft bei dieser ganzen Beweisführung insoferne zusammen, als
                eben eine jede Kunst den Umkreis ihrer Thätigkeit vermöge eines
                bestimmten Wissens beherrscht. jedesmal darum als eine andere, weil sie
                eine andere Fähigkeit besitzt? und antworte mir, o du Hochzupreisender,
                nicht wider alles Erwarten, damit wir doch auch dem Ziele näher

                kommen. – Nun ja, eben darum, sagte er, ist eine Kunst eine andere. –
                Nicht wahr also auch irgend einen eigenthümlichen Nutzen gewährt uns
                eine jede, und nicht einen bloß allen Künsten gemeinschaftlichen,
                nemlich z. B. die Arzneikunst gewährt uns Gesundheit, die Kunst des
                Steuermanns aber Rettung in der Seefahrt, und so auch die übrigen? – Ja
                wohl, allerdings. – Nicht wahr also auch die Lohnkunst ist esd. h. Plato
                trennt das Lohnverhältniß, welches allerdings bei dem Betriebe der

                Künste und bei der Ausübung der in der Kunst beruhenden Herrschaft
                mitspielt, als einen selbstständigen Gegenstand ab, um jener Auffassung
                zu entgehen, daß der Lohn-Verdienst der gemeinschaftliche einheitliche
                Zweck aller Künste sei. Ist hingegen der Lohn-Erwerb ebensosehr, wie z.
                B. auch die Gesundheit Gegenstand einer speciellen Kunst und eines
                gleichsam technisch berechneten Verfahrens, so liegt sein eigentlicher

                Umkreis in den Mieth-und Verdingungs-Geschäften jeder Art, und diese
                Form ist auch für das Uebrige der Maßstab, so daß z. B. der Hirt nicht,
                insoferne er Hirt ist, Lohn bekömmt, sondern insoferne er sich und seine
                Kenntnisse verdingt., welche Lohn verschafft, denn dieß ist ihre
                Fähigkeit? oder nennst du die Arzneikunst und die Kunst des
                Steuermanns Ein und die nemliche? oder, woferne du genau es
                feststellen willst, wie du ja voraussetztest, so wirst du doch wohl nicht in

                höherem Grade, falls Jemand als Steuermann gesund wird, weil ihm das
                Seefahren zuträglich ist, darum nun etwa seine Kunst als Arzneikunst
                bezeichnen? – Nein, sicher nicht, sagte er. – Und also auch nicht die
                Lohnkunst, sagte ich, falls etwa Jemand als Lohnarbeiter gesund wird? –





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