Page 47 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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wird und auch eine Schande ist? – Ja gewiß, sagte er. – Darum demnach,
sagte ich, wollen die Guten weder um des Geldes willen noch um der
Ehre willen eine Herrschaft ausüben, denn weder wollen sie Miethlinge
heißen, insoferne sie offenkundig um der Herrschaft willen Lohn
einnehmen, noch Diebe, insoferne sie heimlich in Folge der Führung der
Herrschaft einen Lohn sich selbst nehmen; noch aber auch um der Ehre
willen, denn sie sind nicht ehrliebend. Es muß demnach für sie ein
Zwang und die Gefahr einer Einbuße hinzukommen, woferne sie den
Willen haben sollen, eine Herrschaft auszuüben; daher es auch darauf
hinauskömmt, daß es als schimpflich gilt, sich freiwillig zur Führung
einer Herrschaft zu begeben und nicht einen Zwang abzuwarten. Die
größte Einbuße aber besteht darin, daß ein Solcher von einem
Schlechteren beherrscht wird, sobald er nicht selbst die Herrschaft
ausüben will, und aus Furcht hievor scheinen mir die Tüchtigen, wann
sie eine Herrschaft ausüben, dieß zu thun; und sie begeben sich dann zur
Führung derselben, nicht als ob sie zu etwas Gutem kämen und dabei es
ihnen wohlergehen werde, sondern wie zu einem Zwange der
Nothwendigkeit und nur weil sie keine Besseren als sie selbst sind, und
keine gleich Guten finden, welchen sie die Herrschaft überlassen
könnten. Denn es kömmt darauf hinaus, daß, wenn es einen Staat von
nur guten Männern gäbe, das Nichtausüben einer Herrschaft ebenso der
Gegenstand eines Wettstreites wäre, wie es jetzt das Ausüben ist, und es
würde da wohl augenfällig werden, daß wirklich der wahre Herrscher
seiner Natur nach nicht das für ihn selbst Zuträgliche erwägt, sondern
das für den beherrschten, so daß jeder Einsichtige es vorziehen würde,
von einem Anderen Nutzen zu genießen, als einem Anderen zu nützen
und hiedurch mit Geschäften überhäuft zu sein. Dieß also räume ich dem
Thrasymachos in keinerlei Weise ein, daß das Gerechte das dem
Stärkeren Zuträgliche sei; doch diesen Punkt werden wir später Cap. 22
f. noch einmal erwägen. Viel bedeutender aber scheint mir dasjenige zu
sein, was jetzt eben Thrasymachos sagte, indem er behauptet, das Leben
des Ungerechten sei selbst stärker als das des Gerechten, Nach welcher
von beiden Seiten also, o Glaukon, sagte ich, steht deine Wahl, und
welches von beiden scheint dir mehr mit Wahrheit gesagt zu sein? – Ich
wenigstens glaube, sagte er, daß das Leben des Gerechten
gewinnbringender sei. – Hast du gehört, erwiederte ich, wie viele Güter
so eben Thrasymachos für jenes des Ungerechten aufgezählt hat? –
Gehört habe ich es wohl, sagte er, aber er überzeugt mich hiedurch nicht.
– Willst du also, daß wir, wenn wir hiezu irgend Mittel finden, ihn davon
überzeugen, daß er nicht das Wahre sagt? – Wie sollte ich ja nicht
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