Page 51 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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du nicht so? – Ja gewiß, sagte er. – Der Gerechte aber ja wird es dem ihm
                Gleichen nicht zuvorthun, wohl hingegen dem ihm Ungleichen? – Ja. –
                Es gleicht also, sagte ich, der Gerechte dem Weisen und Guten, der

                Ungerechte aber dem Schlechten und Unkundigen? – Es kömmt darauf
                hinaus. – Nun aber haben wir ja zugegeben, daß jeder von beiden auch
                ein Derartiger ist wie jener, welchem er gleicht. – Ja, allerdings haben
                wir es zugegeben. – Also hat sich uns der Gerechte als ein Guter und
                Weiser, der Ungerechte aber als ein Unkundiger und Schlechter gezeigt.
                     22. Thrasymachos denn nun gab wohl all dieses zu, aber nicht in so
                leichter Weise, wie ich es jetzt erzähle, sondern mit Widerstreben und

                nur zur Noth mit erstaunlich vielem Schweiße, zumal da damals es eben
                Sommerszeit war, und ich sah da, wie früher noch nie, den
                Thrasymachos roth werden. Nachdem wir aber gegenseitig zugegeben
                hatten, daß die Gerechtigkeit eine Vortrefflichkeit und eine Weisheit sei,
                die Ungerechtigkeit aber eine Schlechtigkeit und Unkenntniß, sagte ich:
                Weiter nun; dieß also möge uns in dieser Weise feststehen, wir

                behaupteten ja aber auch, daß die Ungerechtigkeit etwas Kraftvolles
                seiAm Schlusse des 16. Cap., oder erinnerst du, o Thrasymachos, dich
                nicht mehr? – Ich erinnere mich dessen, sagte er; aber mir wenigstens
                gefällt auch dieß nicht, was du jetzt sagst, und ich hätte hierüber Etwas
                zu sprechen; würde ich nun wirklich sprechen, so weiß ich sehr wohl,
                daß du sagen würdest, meine Rede passe eben für eine
                Volksversammlung; entweder also laß mich sprechen, was ich will, oder,

                falls es dir zu fragen beliebt, so frage du nur, ich aber werde dir, wie man
                es bei alten Weibern thut, welche Geschichtchen erzählen, nur immer
                »Weiter« sagen und mit dem Kopfe nicken oder ihn schütteln. – Nur ja
                nicht, sagte ich, gegen deine eigene Ansicht. – O ja, sagte er, nur um dir
                zu gefallen, nachdem du mich ja nicht sprechen läßst; und was willst du
                denn sonst noch? – Nichts, bei Gott, erwiederte ich, sondern wenn du es

                so machen willst, so mache es so; ich aber werde dich fragen. – So frage
                denn. – Eben darum demnach frage ich, um was ich gerade jetzt fragte,
                damit wir auch im weiteren Verlaufe die Begründung erwägen,
                welcherlei denn die Gerechtigkeit im Vergleiche mit der Ungerechtigkeit
                sei. Es wurde nemlich dort gesagt, daß die Ungerechtigkeit etwas
                Mächtigeres und Kraftvolleres sei, als die Gerechtigkeit; nun aber wird
                sich ja, sagte ich, woferne die Gerechtigkeit eine Weisheit und

                Vortrefflichkeit ist, leicht, wie ich glaube, zeigen, daß sie auch
                kraftvoller, als die Ungerechtigkeit ist, nachdem ja eine Unkenntniß die
                Ungerechtigkeit ist. Niemand wohl dürfte hierüber im Unklaren sein.
                Aber nicht so schlechthin, o Thrasymachos, verlange ich dieß, sondern





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