Page 462 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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unsicher mache, erwiederte Dieser: mit demselben Rechte, mit dem du
                den Weltkreis [als Eroberer] durchziehst. Nonius.]
                     * * * fragt nur Alle. Die Weisheit [Klugheit] gebietet, unsere Macht

                zu vermehren, unsere Reichthümer zu vergrößern, unser Gebiet zu
                erweitern: (denn woher hätte Alexander seinen Ruhm als größter
                Feldherr gewinnen können, der einst die Gränzen seines Machtgebietes
                bis tief nach Asien hinein durch Waffengewalt vorrückte, wenn nicht
                etwa von fremdem Eigenthum dazu gekommen wäre?) über so Viele, als
                nur möglich, zu herrschen, uns Genüsse zu verschaffen, vielvermögend

                zu werden, zu regieren die Obmacht zu behaupten.              373  Die Gerechtigkeit
                aber gebietet, gegen Alle schonend zu seyn, für das Menschengeschlecht
                zu sorgen, Jedem das Seinige zu geben, Tempelgut, Staatsgut [Privatgut]

                nicht [anzutasten]. Was kommt nun heraus?             374  Folgst du [den
                Vorschriften] der Weisheit: Reichthum, Macht, Einfluß, Ehre,
                Oberbefehlshaberstellen, Königreiche, und zwar für Einzelne und für
                Völker. Allein weil wir über den Staat sprechen, so finde ich doch, daß,
                was im Namen eines Staates geschieht, auch mehr Interesse hat, und weil
                bei beiden [bei Einzelnen, wie bei Völkern] das Recht im Grunde

                dasselbe ist, so denke ich, ich spreche am schicklichsten von der
                Weisheit eines Volkes. Um jetzt andere zu übergehen, ist wohl dieses
                unser Volk, dessen allmähliges Emporkeimen uns Africanus gestern
                geschildert hat, und dessen Waffenherrschaft sich gegenwärtig über den

                ganzen Erdkreis erstreckt,      375  durch Gerechtigkeit oder durch Weisheit
                aus so geringem Anfange so über Alle [mächtig geworden?] * * *


                                     [Lücke von wenigstens vier Seiten.         376 ]


                13. [Wie weit der Vortheil und die Gerechtigkeit von einander abstehen,
                davon gibt das Römische Volk einen Beweis, das seine Kriege [religiös]
                durch Fecialen ankündigte, gesetzmäßig Ungerechtigkeiten ausübte,

                immer nach fremdem Gute trachtete und es an sich raffte, und durch
                alles Dieses sich in den Besitz des ganzen Erdkreises gesetzt hat.]
                     [Was sind Vortheile für das Vaterland, als Nachtheile für einen
                fremden Staat oder für ein fremdes Volk? So erweitert man die Gränzen
                seines Gebietes, wenn man Andern das Ihrige mit Gewalt entreißt; so

                erweitert man die Herrschaft, vermehrt das Staatseinkommen – Wer also
                diese Güter dem Vaterlande verschafft, das heißt, Wer Staaten errichtet,
                Völker vertilgt, den Staatsschatz mit Geld anfüllt, Landstriche erobert,
                seine Mitbürger begüterter macht, der wird mit Lob und Preis bis zum
                Himmel erhoben, dem schreibt man die höchste und vollendete Tugend




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