Page 468 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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zu vergleichen, wie wenn die ganze Welt unterginge und
                zusammenstürzte. Augustin. de Civ. Dei XXII, 6.]
                     [In seinem Werke vom Staat sagt Cicero: diejenigen Kriege sind

                ungerecht, die ohne Ursache unternommen worden sind. Derselbe
                Tullius sagt bald darauf: kein Krieg gilt für gerecht, ausser ein zum
                voraus gedrohter, ausser ein angekündigter, ausser ein nach [vergeblich]
                angesprochenem Schadenersatze [des Weggenommenen] begonnener.
                Isidor. Orig. XVIII. 1.]
                     [Unser Volk hat aber durch Vertheidigung seiner Bundesgenossen

                sich bereits aller Länder der Erde bemächtigt. Nonius.            400 ]
                     24. [Es wird wirklich mit der größten Lebhaftigkeit und mit den
                stärksten Gründen in denselben Büchern vom Staate für die
                Gerechtigkeit gegen die Ungerechtigkeit gestritten. Und weil, da vorher,

                gegen die Gerechtigkeit, der Ungerechtigkeit das Wort gesprochen und
                gesagt wurde, ohne Ungerechtigkeit könne ein Staat weder bestehen
                noch wachsen, dieser Grund als der stärkste hervorgehoben worden war,
                daß es ungerecht sey, daß Menschen von Menschen unterjocht, diesen
                dienen;   401  eine Ungerechtigkeit, die doch ein zum Herrschen geeigneter

                Staat von Bedeutung nicht vermeiden kann, weil er ohne sie keine
                Provinzen unter seine Gewalt bekömmt: so wurde darauf von Seiten                   402
                der Gerechtigkeit erwiedert: das sey darum gerecht, weil solchen

                Menschen die Knechtschaft wohlthätig sey, und ihre Unterwerfung,
                wenn sie geschehe, wie sie soll, nämlich, wenn den Schlechten die
                Möglichkeit, ungestraft Unrecht zu thun, genommen wird, gereiche zum
                Vortheil der Unterworfenen, und sie, als Ueberwundene, werden sich
                besser befinden, weil sie, ehe sie überwunden waren, sich schlechter

                befanden;    403  und um diesen Grund zu unterstützen, wurde ein recht
                auffallendes Beispiel gleichsam von der Natur hergenommen und gesagt:
                [Wenn herrschen unrecht wäre,] warum herrscht denn die Gottheit über
                die Menschheit, die Seele über den Körper, die Vernunft über die
                sinnliche Begierde und über die andern dem Fehlen ausgesetzten Theile
                der Seele? Augustin. a. a. O. XIX, 21.]

                     25. [ Vernimm noch Einleuchtenderes, was [Tullius] im dritten Buche
                vom Staat spricht, wo er von der Ursache des Herrschens handelt: Sehen
                wir, sagt er, nicht, daß von der Natur selbst immer den Tüchtigsten die
                Herrschaft über die Schwachen zu deren eigenen größtem Nutzen in die
                Hand gegeben wird.       404  Warum herrscht denn die Gottheit über die

                Menschheit, die Seele über den Körper, die Vernunft über die sinnliche
                Begierde und über die andern dem Fehlen ausgesetzten Theile der Seele?





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