Page 473 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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man übereingekommen ist] zusammengehalten wird: allein ein solcher
                Menschenhaufen ist eben so gut ein Tyrann, wie wenn er Einer wäre;
                und ein um so schlimmerer, weil es kein grimmigeres Unthier gibt, als

                eine Masse, die sich den Schein und Namen eines Volkes gibt. Es geht
                aber nicht an, da die Güter Wahnsinniger gesetzlich            419  unter der Gewalt
                von Verwandten stehen, weil dann ihr * * *            420



                                              [Lücke von acht Seiten]


                34. * * *   421  angeben lasse, warum eine solche Verfassung ein
                Gemeinwesen, also Volkessache sey, wie bei'm Königthum angegeben
                worden? Und in noch weit höherm Grade, fiel Mummius ein: denn ein

                König läßt sich immer mit einem Herrn vergleichen, weil er Einer ist.
                Aber ein Staat, in welchem eine Mehrzahl von Guten das Ruder führt,
                muß nothwendig vor Allen beglückt seyn. Doch auf jeden Fall will ich
                ein Königthum noch lieber, als ein [ganz] selbstherrschendes Volk; denn
                von dieser dritten höchst fehlerhaften Staatsform hast du noch zu

                sprechen.    422
                     35. Da erkenne ich, mein Spurius, fiel Scipio ein, deine Gesinnung,
                die der Volksherrschaft so abhold ist. Allein, wiewohl sich auch dieser
                Form eine freundlichere Seite abgewinnen läßt, als du daran erblickst, so
                gebe ich dir doch Recht, daß unter den angegebenen drei Formen diese
                den wenigsten Beifall verdiene. Darin bin ich jedoch nicht deiner

                Ansicht, daß die Optimatenregierung der königlichen vorzuziehen sey.
                Denn wenn die Weisheit es ist, die den Staat regiert, was verschlägt es
                denn, ob diese in Einer Person, oder in mehrern sey? Allein es tritt hier,
                indem wir hierüber uns aussprechen, eine Täuschung ein. Denn wenn
                man von einer Optimaten- [Besten-] Regierung spricht, so sieht es
                freilich aus, als ob es nichts Trefflicheres geben könne. Denn läßt sich
                etwas Besseres denken, als das Beste? Wird aber der Name König

                ausgesprochen, so tritt auch der Begriff von einem ungerechten Könige
                vor die Seele: es ist aber hier, wenn wir über einen Staat mit königlicher
                Verfassung Untersuchungen anstellen, von einem ungerechten Könige
                gar keine Rede. Denke dir deswegen nur einen Romulus, oder Pompilius,
                oder Tullus als König; vielleicht wirst du dich dann mit einer solchen

                Verfassung eher aussöhnen. Mummius. Was für ein Lob lässest du denn
                nun einer Volksregierung übrig? Nun, erwiederte Jener, scheint dir, mein
                Spurius, die Verfassung der Rhodier,         423  bei denen wir neulich mit
                einander waren, kein Gemeinwesen [Staat]? Mummius. Allerdings






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