Page 478 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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ist der Vortheil, welcher den Menschen durch den Staatsverband zu Theil
                werden muß, nämlich theils durch Einrichtungen, theils durch Gesetze.
                Sie haben übrigens für die Erziehung der freigebornen Jugend (ein

                Punkt, über den die Griechen vergeblich [ohne Noth] sich viel den Kopf
                zerbrochen haben, und in welchem allein mein Gastfreund Polybius                   432
                unseren Staatseinrichtungen Nachläßigkeit Schuld gibt) absichtlich keine
                bestimmten Gesetze und Verordnungen gegeben, keine öffentlichen
                Anstalten getroffen, und überhaupt keine Gleichförmigkeit verlangt.

                Denn * * *     433


                                       [Lücke von wenigstens vier Seiten.]


                [– dem Tullius zu Folge, welcher sagt, es sey Sitte gewesen, den
                Jünglingen, die das erstemal in's Feld zogen, für das erste Jahr Aufseher

                zu geben, unter deren Leitung sie standen. Servius zu Virg. Aen.
                V. 546.
                     4. * * *  434  daß ein mannbarer Jüngling sich entblöße. So tief wurde
                so zu sagen der Grund für Scham und Sittsamkeit gelegt. Wie
                widersinnig dagegen war die Uebung der Jugend in den Gymnasien [der

                Griechen]! wie werthlos [zucht- und sittenlos] jener Kriegsdienst der
                Epheben!     435  die Betastungen und Liebschaften [der angehenden
                Jünglinge], wie zügellos und wie frech! Ich übergehe noch, wie es bei
                den Eleern und Thebanern war, bei welchen in den Liebschaften der

                freigeborenen Jünglinge die Wollust in ihrer ganzen Frechheit erlaubt
                und freigegeben ist: haben doch selbst die Lacedämonier, indem sie in
                der Knabenliebe, die [eigentliche, förmliche] Schändung ausgenommen,
                Alles erlaubten, nur mit einer schwachen Scheidewand diese Annahme
                versehen [verzäunt]: denn Umarmungen und das Zusammenliegen
                gestatten sie: das heiße ich Vorhänge zwischen Thieren anbringen [um
                sie aneinander zu halten]. Da sagte Lälius: Ich merke recht gut, mein

                Scipio, daß du in Beziehung auf diese Griechischen Gewohnheiten, die
                du tadelst, lieber mit den berühmtesten Völkern, als mit deinem Plato,
                dich herumstreiten willst, den du nicht einmal berührst: besonders
                da * * *
                     [Mehr hat die Vatikanische Kirche von diesem Buche nicht.]

                     5. [– Dieß ging so weit, daß Cicero in seinem Werke vom Staat
                behauptet, es sey für die Jünglinge eine Schande gewesen, keine
                Liebhaber zu haben. – Servius zu Virg. Aen. X. 325             436








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