Page 482 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Staatsmann:     454  Aristodemus aber, gleichfalls ein tragischer

                Schauspieler, wurde von den Athenern mehrmals in Angelegenheiten,
                die Krieg und Frieden betrafen, als Gesandter zum Philippus geschickt.
                Augustin. de C. D. II. 10.]
                     12. [– Denn es ist weder jede Ergötzung zu tadeln, noch ist diese
                [eigentlich] der Zweck der Musik, sondern die jedesmalige Wirkung auf
                das Gemüth; der vorliegende Zweck aber die Beförderung der Tugend.
                Dieses aber ist Vielen verborgen geblieben, unter andern Demjenigen,

                der in dem Werke des Römers Cicero über den Staat das dort gegen die
                Musik Vorgebrachte ausspricht. Denn ich möchte nicht sagen,
                dergleichen Behauptungen seyen von ihm [dem Cicero] aus seinem
                Sinne gesprochen. Wie ließe sich wohl behaupten, daß er die Musik
                schmähe, und als eine heillose Kunst tadle, sie, welche die Tugenden und

                Mängel der Harmonieen und Rhythmen bestimmt; da er doch über den
                Tänzer Roscius, dessen ganze Geschicklichkeit in Nichts als einer
                würdelosen und werthlosen Rhythmik bestand, so außerordentlich
                entzückt war, daß er behauptete, er sey der Welt durch eine besondere
                Gnade der göttlichen Vorsehung geschenkt worden. Wollte indessen
                Jemand behaupten, er spreche in seinem Werke vom Staate seine eigene
                Gesinnung aus, in der Rede für den Roscius aber spreche er blos der
                Sache [seines Clienten] zu Liebe; so kann mir Niemand verwehren,

                dieselbe Behauptung gegen ihn umzukehren. Ohnedieß würde er
                hiedurch im gegenwärtigen Falle, ohne es zu wollen, sich als Redner
                mehr zum Tadel, als zur Empfehlung, diese Behauptung aufstellen; denn
                in Hinsicht der Auffindung der Wahrheit oder eines richtigen Urtheils
                verdient Der wenig Vertrauen, der in seinen Ansichten dem

                vermuthlichen augenblicklich günstigen Eindrucke, oder seiner
                einseitigen Vorliebe, anstatt den Grundsätzen der Wahrheit huldigt. Ich
                glaube aber, er würde auch die Redekunst nicht darum verwerfen, weil es
                unter den Rednern Welche gibt, die sich bestechen lassen: allein eben so
                wenig ist es der Kunst als Vorwurf anzurechnen, wenn einige Künstler,
                um dem großen Haufen zu gefallen, die Musik zu unedeln Zwecken
                mißbrauchen. Hatte doch auch ihr Vaterland zu den Zeiten des Numa und

                bald nach ihm, als das Volk noch weniger gebildet war, die Musik als
                Theil der Bildung, wie er selbst erklärt, da sie sowohl im Privatleben bei
                Gastmälern, als öffentlich bei allen religiösen Feierlichkeiten, die
                festliche Stimmung erhöhte. – Aus dem Griechischen des Aristides

                Quintilianus von der Musik II, p. 60–71 ed. Meibom.]                455








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