Page 485 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Baumpflanzungen und Weideplätze brauchen konnte,                 460  und die

                angebaut wurden, ohne daß die Könige selbst dabei Arbeit und Mühe
                hatten, damit keine Sorge für ihre Privatgeschäfte sie von den
                Angelegenheiten ihrer Völker abziehen möchte. Auch war überhaupt
                kein Privatmann Entscheider oder Schiedsrichter in einer Streitsache;
                sondern Alles wurde in den Gerichtssitzungen der Könige entschieden.
                461  Besonders scheint mir unser Numa auf dieser alten Sitte der

                Griechischen Könige gehalten zu haben. Denn die Uebrigen, wiewohl sie
                auch dieses Amt verwalteten, führten doch großentheils Kriege, und
                bildeten das Kriegsrecht [vorzugsweise] aus. Jener langedauernde Friede
                aber unter Numa war für diese Stadt die Quelle des Rechts und der

                Religion: auch würde er wohl Gesetze verfaßt haben; und ihr wißt, daß
                noch welche [von ihm] vorhanden sind: überhaupt die Eigenschaft des
                Staatsbürgers, von dem wir sprechen * * *


                                      [Lücke von unbestimmbarer Größe.]


                3. [Doch muß er, wie ein guter Hausvater, Etwas vom [Acker-]Bau,
                Bauwesen und Rechnen verstehen – Nonius.]
                     * * * Scipio. [Wenn ein Gutsverwalter sich bemüht, die Natur der
                Wu]rzeln und Sämereien kennen zu lernen, wirst du Das mißbilligen?
                Manilius. Keinesweges: wenn er nur sonst das Seine thut. Scipio. Meinst

                du, jenes sey das eigentliche Geschäft eines Verwalters? Manilius. Nichts
                weniger: es möchte darüber nur gar zu leicht die Sorge für den
                eigentlichen Anbau des Landes vernachläßigt werden. Scipio. So wie
                also der Verwalter die Natur des Bodens kennt, der Rechnungsführer mit
                der Buchführung umzugehen versteht, Beide aber sich nicht mit dem

                Genusse des Wissens begnügen, sondern dieses zu vortheilhafter
                Ausübung gebrauchen; so muß unser hier gezeichneter [Staats-]Lenker
                zwar bemüht gewesen seyn, das Recht und die Gesetze kennen zu lernen,
                ihre Quellen gründlich zu erforschen; aber er darf sich durch häufiges
                Beantworten einzelner Rechtsanfragen, durch Leserei und Schreiberei
                nicht in dem Geschäfte stören lassen, gleichsam der Rechnungsführer
                und Gutsverwalter des Staates seyn zu können; er sey des höchsten
                Rechts ganz kundig, ohne welches Niemand gerecht seyn kann; er sey

                des bürgerlichen nicht unkundig, aber so, wie der Steuermann der
                Sternkunde, der Arzt der Naturlehre: Beide bedürfen jene
                Wissenschaften zu ihrer Kunst; aber lassen sich durch sie von ihrem

                eigentlichen Geschäfte nicht abhalten         462  Darauf aber wird dieser Mann
                sehen * * *




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