Page 65 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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»oben an der Spitze voll von Eicheln, in der Mitte aber voll
                        von Bienen,
                        und es strotzen ihnen die wolligen Schafe mit reichen

                        Fellen«,


                und auch noch viele andere Güter seien es, welche hieran sich
                anschließen; Aehnliches aber sagt auch LetztererOdyss. XIX, V. 109,
                denn

                        »wie einem wackeren Könige, welcher den Göttern ähnlich
                        die Gerechtigkeit schützt, und welchem die dunkle Erde
                        Weizen und Gerste trägt, und von Frucht die Bäume
                        strotzen,

                        leicht auch das Vieh Junge wirft, und das Meer Fische
                        darbietet –«.


                Musäos aber und sein SohnMusäus ist, sowie Orpheus, eine mythische
                Personifikation eines Kulturzustandes, oder einer kulturgeschichtlich
                einflußreichen Form der ältesten griechischen Poesie; es war jene Poesie,
                welche natürlich lange vor die homerische fällt, eine priesterlich-
                religiöse und hatte hauptsächlich Weih-und Sühn-Sprüche zum Inhalte.
                Später (schon zur Zeit des Pisistratus) wurden derartige Gedichte

                gesammelt und mit absichtlicher oder mit unverschuldeter Fälschung als
                Werke jener angeblichen früheren Sänger bezeichnet. Wenn hier auch
                noch von einem Sohne des Musäus gesprochen wird, so ist dieß eine in
                der mythischen Geschichte häufig genug vorkommende genealogische
                Verdopplung oder Vervielfältigung Einer symbolischen Person (z. B.

                auch bei Minos). verleihen seitens der Götter den Gerechten noch
                spaßhaftere Güter als jene; nemlich indem sie in ihrer Erzählung die
                Frommen in den Hades hinabführen und sie dort auf Stühle setzen und
                ein Trinkgelage derselben veranstalten, lassen sie dieselben mit Kränzen
                auf den Häuptern die gesammte Zeit hindurch als Berauschte zubringen,
                in der Meinung, der schönste Lohn der Vortrefflichkeit sei ein ewiger
                Rausch. Wieder Andere aber erstrecken die Belohnungen seitens der

                Götter noch weiter hinaus; nemlich sie behaupten, Kindeskinder und das
                ganze Geschlecht verbleibe so nach dem Abscheiden des Frommen und
                Eidgetreuen. In solchen Dingen denn nun und in anderen derartigen
                preisen sie die Gerechtigkeit. Die Frevelhaften aber hinwiederum und die
                Ungerechten vergraben sie in irgend einen Schlamm des Hades und
                lassen sie gezwungen sein, in einem Siebe Wasser zu tragen. Und ferner

                indem sie dieselben auch bei Lebzeiten in schlimmen Ruf bringen,




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