Page 68 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 68
wie die Weisen mir kundgeben, auch die Wahrheit bezwingt und Herr
des Glückes ist, so muß ich mich denn nun vollständig zu ihm
hinwenden. Als Vorhalle und als äußere Form muß ich rings um mich
einen Schattenriß der Vortrefflichkeit beschreiben, aber jenen Fuchs des
weisesten ArchilochosDer berühmte Jambendichter, dessen Blüthezeit
ungefähr um 700–600 vor Chr. fällt. Er verwendete zum Zwecke seiner
satirischen Poesie auch vielfach die Thierfabel, und daß in dieser der
verschmitzte Fuchs eine Hauptrolle spielt versteht sich von selbst., den
gewinnbringenden und verschmitzten, muß ich stets hinter mir
nachschleifen. Aber es ist ja, wird man einwenden, nicht leicht, stets
beim Unrechtthun unentdeckt zu bleiben. Es ist ja aber, werden wir
sagen, auch nichts anderes Großes leicht zu bewerkstelligen; hingegen
dennoch müssen wir, woferne wir glücklich sein wollen, denjenigen Weg
gehen, auf welchen uns die Spur jener Reden führt; nemlich um
unentdeckt zu bleiben, werden wir Verschwörungen und
Genossenschaften zusammenbringen, und dann gibt es ja auch Lehrer
der Überredungskunst, welche uns eine für die Volksversammlung und
für den Gerichtshof passende Weisheit verleihen, und in Folge hievon
werden wir in einigen Fällen durch Ueberredung siegen, in anderen aber
es mit Gewalt durchsetzen, so daß wir im Vortheile sind und nicht
bestraft werden. Nun aber ja den Göttern gegenüber ist es weder
möglich, unentdeckt zu bleiben, noch Gewalt anzuwenden. Wohl also
werden, falls es keine Götter gibt, oder sie sich um die menschlichen
Dinge nicht bekümmern, auch wir uns um das Unentdecktbleiben nicht
bekümmern; falls es aber Götter gibt und sie jene Fürsorge hegen, so
haben wir ja doch nirgend anderswoher eine Kenntniß von ihnen oder
über so Etwas gehört, als eben aus jenen Reden und von den Dichtern,
welche die Stammtafeln der Götter erzählen; aber eben diese sagen ja
zugleich auch, daß jene derartig sind, daß sie durch heilige Feste und
beschwichtigende Gelübde und durch Weihgeschenke überredet und
umgelenkt werden können; wir müssen aber jenen entweder beides oder
keines von beiden glauben; falls wir ihnen also glauben; so müssen wir
Unrecht thun und dann aus dem Ertrage der ungerechten Thaten Opfer
veranstalten; denn wenn wir gerecht wären, so würden wir bloß seitens
der Götter straflos sein, aber den aus der Ungerechtigkeit fließenden
Gewinn verabsäumen; hingegen wenn wir ungerecht sind, werden wir
sowohl den Gewinn haben, als auch, indem wir in Folge des Frevels und
Fehltrittes flehentlich beten, die Götter überreden und so straflos
davonkommen. Nun aber ja im Hades werden wir bestraft werden für das
hier gethane Unrecht, entweder wir selbst oder unsere Kindeskinder.
67