Page 66 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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führen sie diejenigen Bestrafungen, welche Glaukon betreffs der
                Gerechten, welche als Ungerechte angesehen werden, aufzählte, nun
                betreffs der Ungerechten an; Anderes aber wissen sie nicht vorzubringen.

                Das Lob also und der Tadel gegen jene beiden ist dieß.
                     7. Hiezu aber erwäge auch, o Sokrates, wieder eine andere von
                Reden, welche betreffs der Gerechtigkeit und der Ungerechtigkeit
                sowohl von gewöhnlichen Leuten, als auch von Dichtern angewendet
                wird. Nemlich Alle singen stets wie aus Einem Munde das Lied, wie
                schön die Besonnenheit und die Gerechtigkeit sei, aber wie schwierig
                und mühevoll, daß hingegen Zügellosigkeit und Ungerechtigkeit süß und

                leicht zu erwerben, nur aber vermöge der öffentlichen Meinung und der
                je geltenden Gesetze schimpflich sei; gewinnbringender aber, sagen sie,
                sei meistentheils das Ungerechte als das Gerechte, und sie sind gleich
                bereit, schlechte Reiche und anderweitige Machthaber glücklich zu
                preisen und zu ehren, sowohl im öffentlichen, als auch im Privatleben,
                die übrigen hingegen, welche irgend schwach und arm sind, als Ehrlose

                zu behandeln und gering zu schätzen, während sie zugestehen, daß diese
                letzteren besser seien, als jene Anderen. Und von all diesem sind ihre
                Reden betreffs der Götter und der Vortrefflichkeit erst noch das
                Merkwürdigste, nemlich daß auch die Götter vielen Guten Unglück und
                ein schlimmes Leben, den Gegentheiligen aber das gegentheilige Loos
                verliehen hätten. Bettelpriester aber und Wahrsager kommen zu den
                Thüren der Reichen und suchen diese zu überzeugen, daß ihnen eine von

                den Göttern ausgehende Kraft zu Gebote stehe, durch Opfer und
                Gesänge sowohl ein Unrecht, falls etwa ein solches durch jenen Reichen
                selbst oder durch seine Vorfahren geschehen ist, mit Anwendung von
                Vergnügungen und Festzügen zu heilen, als auch, wenn jener irgend
                einem Feinde ein Leid zufügen will, dann vermittelst eines geringen
                Kostenaufwandes in gleicher Weise einem Gerechten, wie einem

                Ungerechten Schaden zuzufügen, da sie ja, wie sie behaupten, durch
                irgend Beschwörungen und Bannflüche auf die Götter einwirken können,
                so daß diese selbst ihnen dienstbar sind. Für all diese Reden aber bringen
                sie Dichter als Zeugen bei, die Einen, indem sie betreffs der
                Schlechtigkeit die leichten Mittel und Wege angeben,

                        »denn Schlechtigkeit kann man auch haufenweise leicht

                        erfassen,
                        glatt ja ist der Weg zu ihr, und sehr nahe wohnt sie;
                        hingegen vor die Vortrefflichkeit hin pflanzten die Göttern
                        den Schweiß«






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