Page 67 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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und irgend einen langen und steilen PfadHesiod, Tage u. Werke, V. 285
                ff.. Andere aber rufen für den Einfluß der Menschen auf die Götter den
                Homeros als Zeugen an, da ja auch jener sagte:

                        »lenkbar aber sind auch die Götter selbst,

                        und diese können durch heilige Feste und beschwichtigende
                        Gelübde
                        und durch Trank-und Brand-Opfer die Menschen umlenken
                        in flehendem Gebete, wann Einer gefrevelt und gefehlt
                        hat«Ilias, IX, V. 493..


                Und einen ganzen Schwarm von Schriften des Musäus und des Orpheus,
                den Abkömmlingen der Mondgöttin und der Musen, wie sie behaupten,

                zeigen sie vor, und nach dem Wortlaute dieser sind sie geschäftig mit
                Opfern, indem sie nicht bloß einzelne Leute, sondern auch ganze Staaten
                davon überzeugen, daß es eine Erlösung und eine Reinigung von
                unrechten Thaten vermittelst der Opfer und vergnüglicher Spiele, sowohl
                für die noch Lebenden, als auch für die Gestorbenen gebe, Dinge, welche
                sie Weihe-Sühnungen nennen, und welche von den Uebeln jenseits uns
                erlösen sollen; falls man aber nicht opfere, stehe Arges bevor.

                     8. All dieses Derartige und so Vieles, o Sokrates, was betreffs der
                Vortrefflichkeit und Schlechtigkeit gesagt wird, in welcher Weise
                nemlich Menschen und Götter sie schätzen, welche Wirkung, glauben
                wir, daß es beim Anhören auf die Seelen jener jungen Leute mache,
                welche begabt und tüchtig genug sind, bei Allem, was gesagt wird,

                gleichsam im Fluge daraus sich einen Schluß zu entnehmen, in welcher
                Beschaffenheit und bei welcher Richtung des Weges man wohl am
                besten das Leben durchwandern möge? Aus guten Gründen nemlich
                möchte Einer wohl jenes Wort des PindarosEin Fragment, bei Böckh S.
                671. zu sich selbst sprechen:

                        »soll ich in Gerechtigkeit oder in krummem Betruge die
                        hohe Mauer

                        erklimmen, und so mich selbst beschirmend das Leben
                        führen?«


                Denn was man da sagt, enthält die Behauptung, daß, wenn ich gerecht
                bin, es mich Nichts nützt, falls ich es nicht auch zu sein scheine,
                hingegen enthält es augenfällige Mühe und Einbuße; wann ich aber als
                ein Ungerechter mir den Schein der Gerechtigkeit verschafft habe, dann
                wird mein Leben als ein göttliches bezeichnet. Also nachdem der Schein,






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