Page 721 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Zehntes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
So lobenswert die Gründer eines Königreiches oder einer Republik
sind, so fluchwürdig sind die einer Tyrannenherrschaft.
Unter allen gepriesenen Menschen sind die Häupter und Stifter von
Religionen die gepriesensten, nächst ihnen die Gründer der Republiken
und Reiche. Dann kommen die Heerführer, die ihre eigne Herrschaft
oder die ihres Vaterlandes vergrößert haben. An diese schließen sich die
Schriftsteller, die je nach der Gattung ihrer Werke und dem Grad ihrer
Vollkommenheit geschätzt werden. Jedem andern aus der zahllosen
Menschenschar wird einiges Lob zuteil, das er sich durch seine Kunst
oder seinen Beruf erwirbt. Schändlich und verabscheuungswürdig sind
dagegen die Zerstörer der Religionen, die Zertrümmerer der Reiche und
Republiken, die Feinde der Tugend, der Wissenschaften und jeder Kunst,
die dem Menschengeschlecht Nutzen und Ehre bringt, als da sind die
Gottlosen und Gewalttätigen, die Unwissenden und Müßiggänger, die
Niederträchtigen und die Taugenichtse. Kein Mensch wird je so töricht
oder so weise, so böse oder so gut sein, daß er, vor die Wahl zwischen
beiden Menschenarten gestellt, nicht die lobenswerte loben und die
tadelnswerte tadeln sollte. Nichtsdestoweniger treten fast alle, durch
eitlen Glanz und falschen Ruhm verblendet, absichtlich oder
unwissentlich in die Fußstapfen derer, die mehr Tadel als Lob verdienen.
Während sie durch die Gründung einer Republik oder eines Reiches
unsterblichen Ruhm erringen könnten, werden sie zu Tyrannen und
sehen nicht, welchen Ruf und Ruhm, welche Ehre und Sicherheit,
welche Ruhe und innere Befriedigung sie damit preisgeben, und wie sie
sich in Schande, Schmach, Tadel, Gefahr und Unruhe stürzen.
Wenn die Männer, die als Bürger in einem Staate leben oder sich
durch Glück und Verdienst zu seinem Herrscher emporschwingen, die
Geschichte läsen und sich die Lehren der Vergangenheit zunutze
machten – müßten sie dann nicht als Bürger wünschen, lieber ein Scipio
als ein Cäsar zu sein, und als Fürsten, lieber ein Agesilaos, Timoleon und
Dion als ein Nabis, Phalaris und Dionys zu werden! Agesilaos (444-358
v. Chr.), seit 399 König von Sparta, kämpfte glücklich gegen die Perser,
schlug die Thebaner bei Koroneia (394) und rettete Sparta 371 nach der
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