Page 943 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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könnte. Da er mir aber unmöglich scheint, muß man sich zu einem von
beiden entschließen, nämlich sich ganz von ihnen fernzuhalten oder sich
ihnen eng anzuschließen. Wer anders handelt und ein Mann von Ansehen
und Würde ist, schwebt in steter Gefahr. Es hilft ihm nicht zu sagen: ich
kümmere mich um nichts, ich verlange weder Ehrenstellen noch Ämter,
ich will ruhig und unbehelligt leben. Diese Ausflüchte hört man wohl,
aber man läßt sie nicht gelten. Männer von Rang können nicht die Ruhe
wählen, selbst wenn sie es ernstlich wollten und keinerlei Ehrgeiz
hegten, denn man glaubt es ihnen nicht. Wollten sie also auch in Ruhe
leben, so ließen es die andern nicht zu. Man muß sich daher töricht
stellen wie Brutus, und man stellt sich töricht genug, wenn man gegen
seine eigne Anschauung lobt, spricht, sieht und handelt, um dem Fürsten
zu gefallen.
Da wir aber von der Klugheit des Brutus bei der Wiederherstellung
der Freiheit Roms gesprochen haben, so wollen wir auch von seiner
Strenge bei ihrer Erhaltung reden.
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