Page 945 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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niemals einem Übel aus Rücksicht auf etwas Gutes freien Lauf lassen,
                wenn dies Gute von dem Übel leicht unterdrückt werden kann. Da man
                seine Handlungen und Absichten nach dem Erfolge zu beurteilen hatte,

                so mußte er doch glauben, daß er nach kraftvollem Durchgreifen, sofern
                er am Leben blieb, jeden hätte überzeugen können, daß er alles zum
                Wohle des Vaterlandes und nichts aus Ehrsucht getan hätte. Auch konnte
                er Vorkehrungen treffen, daß keiner seiner Nachfolger einen schlimmen
                Gebrauch von dem machte, was er zum allgemeinen Besten getan hatte.
                Allein seine erste Meinung betrog ihn, und er sah nicht ein, daß
                Böswilligkeit durch keine Zeit gedämpft und durch keine Wohltat

                versöhnt wird. So verlor er dadurch, daß er dem Brutus nicht zu gleichen
                verstand, Vaterland, Herrschaft und Ehre. So schwer es aber ist, einen
                Freistaat zu erhalten, so schwer ist es auch, eine Krone zu behaupten,
                wie im folgenden Kapitel gezeigt werden soll.





























































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