Page 59 - Kompetenzorientierte Unternehmensentwicklung
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Kapitel 2: Strategielos in den Untergang
Was Sie in diesem Kapitel erfahren
Im ersten Kapitel haben Sie gelesen, wie bedeutsam die kompetenzorientierte stra
tegische Unternehmensentwicklung ist. Behaupten können wir viel – schauen wir
uns daher jetzt den umgekehrten Fall an: Welche Nachteile entstehen konkret,
wenn ein Unternehmen strategielos agiert?
Die primäre Zielsetzung des Kapitels besteht in der Sensibilisierung für die überle
bensnotwendige Ausbildung eines strategischen Weitblicks.
„Management by Rückspiegel“ genügt nicht
Michael Otto vom Otto Versand hat einmal in einem SPIEGEL-Interview
gesagt: „Früher haben wir immer über die Amerikaner gelächelt und gesagt:
Die schauen nur von Quartal zu Quartal und bewerten weniger die langfris-
tige Entwicklung. Genau an dieser Kurzatmigkeit leiden wir inzwischen
auch, und das ist eine große Gefahr.“ Kurzfrist-Denken ist gefährlich – die
Finanzkrise hat es überdeutlich gezeigt – und prinzipiell nicht zur echten
Weiterentwicklung geeignet.
Doch natürlich gibt es auch zahlreiche Beispiele, die belegen, dass langfristi-
ges strategisches Denken, das sich von einer Vision leiten lässt, nicht zum
gewünschten Ziel führt. Das Scheitern der eine ganze Zeit lang (nicht nur)
von der Presse so benannten und gehätschelten „Visionäre“ Jürgen E.
Schrempp, Ron Sommer und Thomas Middelhoff scheint den visionspessi-
mistischen und denjenigen Zeitgenossen Recht zu geben, die behaupten, das
unternehmerische Agieren sei viel zu komplex und zu stark beeinflusst von
tagesaktuellen Faktoren, um mit einer langfristig angelegten Strategie erfolg-
reich sein zu können.
Abgesehen von persönlichen Fehlern, Fehleinschätzungen und individuel-
lem Fehlverhalten: Die Problematik jeder strategisch-visionären Planung
liegt einerseits darin, dass ein Unternehmer gezwungen ist, grundsätzliche
strategische Entscheidungen zu treffen, er jedoch andererseits nie sicher sein
kann, welche Tendenzen, Entwicklungen, Konstellationen oder Sachzwänge
in der Zukunft auftreten, die seine Entscheidung zur Makulatur werden las-
sen. Zukunft lässt sich nicht managen.
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