Page 101 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 77
noch ein Restbetrag übrig bleibt, wird dieser anteilig auf die Ansprüche aus Sach-
schäden verteilt.
Von der Einführung eines Maximalhaftungsbetrags wurde abgesehen, um auch
für Luftfahrzeuge, die möglicherweise in der Zukunft eingesetzt werden und die
bis dahin bekannten Luftfahrzeugstypen an Gewicht weit übertreffen, eine im
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Verhältnis zu ihrem Gewicht stehende Haftungssumme berechnen zu können. 2
Auch wenn die im Montrealer Protokoll festgesetzten Haftungshöchstbeträge
eine wesentliche Verbesserung zum Zweiten Römer Haftungsabkommen in der
Fassung von 1952 darstellen, werden diese Beträge heute kaum noch angemessen
sein.
c) Unbeschränkte Haftung bei absichtlicher Schadenszufügung oder
unrechtmäßiger Benutzung des Luftfahrzeugs (Schwarzflug)
Der Halter haftet ausnahmsweise nach Art. 12 Abs. 1 RöHaftAb unbeschränkt,
wenn der Geschädigte beweist, dass der Schaden durch eine mit Überlegung vor-
genommene Handlung oder Unterlassung des Halters oder seiner Leute verur-
sacht worden ist, in der Absicht einen Schaden herbeizuführen. Bei einer Hand-
lung oder Unterlassung der Leute des Halters muss der Geschädigte überdies
beweisen, dass diese in Ausführung ihrer Verrichtungen und im Rahmen ihrer
Befugnisse gehandelt haben.
Man vermied es, bei der Formulierung des Art. 12 Abs. 1 RöHaftAb Ver-
schuldensbegriffe wie Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu benutzen, um einer unter-
schiedlichen Auslegung wegen der unterschiedlichen Bedeutung und Tragweite
dieser Begriffe in den einzelnen Staaten vorzubeugen. 2
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Auf den ersten Blick scheint der Ausnahmetatbestand in
Art. 12 Abs. 1 RöHaftAb überflüssig zu sein, da bereits Art. 9 S. 2 RöHaftAb
vorsieht, dass Personen, die sich einer mit Überlegung vorgenommenen Handlung
oder Unterlassung schuldig gemacht haben, in der Absicht einen Schaden zu ver-
ursachen, von dem Privileg, nur nach dem Abkommen zu haften, ausgeschlossen
werden. Sie haften nach Art. 9 S. 2 RöHaftAb also zusätzlich nach dem anzuwen-
denden nationalen Recht, dass in den meisten Fällen eine unbeschränkte Haftung
vorsieht. Für den Fall, dass das nationale Recht nur eine beschränkte Haftung
vorsehen sollte, stellt Art. 12 Abs. 1 RöHaftAb dann klar, dass der Halter nach
dem Abkommen unbeschränkt haftet.
Die Beweispflicht obliegt ausdrücklich dem Geschädigten. Die hohen Anfor-
derungen an einen derartigen Beweis erschweren dem Geschädigten die Möglich-
keit, eine unbeschränkte Haftung des Halters zu erreichen. Zudem genügt im
Gegensatz zu den Gefahrguttransportübereinkommen der Nachweis nicht, dass
276 Kistler, S. 58.
277 Kistler, S. 59 f.