Page 102 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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78                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        der Halter oder seine Leute bewusst leichtfertig gehandelt haben; denn für diesen
                        Fall sieht das Abkommen keine Aufhebung der Haftungsbeschränkung vor. Fer-
                        ner geht aus der Formulierung „durch“ hervor, dass die mit Überlegung vorge-
                        nommene Handlung oder Unterlassung für die Entstehung des Schadens kausal
                        sein muss. 2
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                           Einen weiteren Fall der  unbeschränkten Haftung  enthält Art. 12 Abs. 2
                        RöHaftAb.  Danach  haftet  unbeschränkt, wer sich eines Luftfahrzeugs auf un-
                        rechtmäßige Weise bemächtigt und es ohne Einverständnis des zur Benutzung
                        Berechtigten benutzt (sogenannter Schwarzflug) 2 . Da die Haftungsbestimmun-
                                                                  279
                        gen des Abkommens und damit auch  die Haftungshöchstgrenzen nach Art. 4
                        i.V.m. Art. 9 S. 1 RöHaftAb auch auf den nicht absichtlich handelnden Schwarz-
                        flieger  anzuwenden sind, bedurfte es der besonderen  Erwähnung  in
                        Art. 12 Abs. 2 RöHaftAb. Nur so ist sichergestellt, dass der Schwarzflieger nicht
                        in den Genuss der begrenzten Haftung kommt.


                        7. Sicherstellung der Haftpflichtansprüche
                        Die Sicherstellung der Haftpflichtansprüche ist anders als noch im Ersten Römer
                        Haftungsabkommen in den Art. 15 bis 18 RöHaftAb nicht als Pflicht, sondern nur
                        als Option ausgestaltet. 2  Bei dieser Lösung bleibt es auch nach der im Montrea-
                                            280
                        ler Protokoll vorgesehenen Neufassung, Art. VI MP.
                           Nach  Art. 15 Abs. 1 RöHaftAb kann jeder Vertragsstaat verlangen,  dass der
                        Halter eines ausländischen Luftfahrzeugs für die in seinem Gebiet eintretenden
                        ersatzfähigen Schäden bis zu den nach Art. 11 festgesetzten Haftungsgrenzen
                        gegen Haftpflicht versichert ist. Es bleibt somit den überflogenen Vertragsstaaten
                        überlassen, von den Haltern ausländischer Luftfahrzeuge Sicherstellungen im
                        Sinne dieses Abkommens zugunsten der möglichen Geschädigten zu verlangen.
                           Das Haftungssystem des Abkommens wird durch diese Vorschrift unvollstän-
                        dig und stellt gegenüber seinem Vorgänger eine Verschlechterung dar, denn nur
                        eine Pflicht zur Versicherung garantiert die Deckung der möglichen Ersatzansprü-
                        che Dritter. 2  Zudem sieht weder das Abkommen noch das Protokoll von 1978
                                  281
                        die Errichtung eines zusätzlichen Fonds vor, der die Ersatzansprüche Dritter ge-
                        gen einen nicht versicherten und zahlungsunfähigen Halter auffangen könnte.
                           Man entschied sich dennoch für diese Lösung, weil bei der Erarbeitung des
                        Abkommens nur ein Teil der Länder eine Sicherstellungspflicht in ihrer Rechts-
                        ordnung vorsah und die Verfasser deshalb der Ansicht waren, der  überflogene

                        278  Kistler, S. 61.
                        279  Zur Haftung des Schwarzfliegers nach Art. 4 RöHaftAb siehe 2. Teil D III 2.
                        280  Das Erste Römer Haftungsabkommen von 1933 sah eine obligatorische Sicherstellung der Haft-
                           pflichtforderungen vor und drohte für den Fall einer ungenügenden oder fehlenden Garantie
                           den Entfall der Haftungsbeschränkung an, dazu Riese § 37 I.
                        281  So auch Kistler, S. 68.
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