Page 107 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                           83

                              Sinn und Zweck des Art. 3 RöHaftAb ist es,  für die Fälle der kurzfristigen
                           Gebrauchsüberlassung,  wie z.B. Miete,  Leihe usw., einen wirksamen Schutz für
                           die Geschädigten durch einen zusätzlichen Haftpflichtigen zu gewährleisten. 2
                                                                                            293
                           Sowohl der Halter als auch die Person, von der sich das Benutzungsrecht ableitet,
                           haften nur nach den Bestimmungen und innerhalb der Haftungsgrenzen dieses
                           Abkommens, es sei denn, sie handelten absichtlich, Art. 3 S. 2 i.V.m. Art. 9 Rö-
                           HaftAb.
                              Artikel 13 Abs. 1 RöHaftAb stellt dabei klar, dass die Geschädigten insgesamt
                           keinen höheren Betrag beanspruchen können, als nach den Bestimmungen dieses
                           Abkommens  ein einziger  Haftpflichtiger zu leisten  hätte. Eine  Kumulation der
                           Haftungshöchstbeträge findet also nicht statt. Der Geschädigte kann sich jedoch
                           aussuchen, gegen wen er seinen Anspruch geltend machen möchte. Im Falle des
                           Verlusts der Haftungsbeschränkung bei einem der  Gesamtschuldner kann der
                           Geschädigte die über die Höchstgrenze hinausgehende Summe allerdings nur von
                           dem unbeschränkt Haftenden verlangen. 2
                                                              294
                              Nach Art. 8 RöHaftAb können die nach Art. 3 Haftpflichtigen dieselben Ein-
                           wendungen geltend machen wie der Halter. Eine Sicherstellungspflicht besteht für
                                                                 295
                           den Halter i.S.d. Art. 3 S. 1 RöHaftAb nicht. 2


                           2. Unrechtmäßige Benutzung
                           Benutzt jemand ein Luftfahrzeug ohne Einverständnis desjenigen, dem die Verfü-
                           gungsgewalt über dieses Luftfahrzeug zusteht, so haftet letzterer neben dem un-
                           rechtmäßigen Benutzer gesamtschuldnerisch, Art. 4 S. 1, 1. HS RöHaftAb.
                              Auch hier sollte der Schutz des Geschädigten durch die gesamtschuldnerische
                           Haftung verbessert werden. 2  Der Inhaber der Verfügungsgewalt hat aber nach
                                                   296
                           Art. 4 S. 1, 2. HS RöHaftAb die Möglichkeit, sich von der gesamtschuldnerischen
                           Haftung zu befreien, indem er beweist, dass er die erforderliche Sorgfalt zur Ver-
                           hütung einer solchen Benutzung des Luftfahrzeugs angewendet hatte. 2  Gelingt
                                                                                        297
                           ihm dieser Beweis, haftet der unberechtigte Benutzer allein.
                              Eine unberechtigte Benutzung (Schwarzflug) liegt immer dann vor, wenn je-
                           mand sich des Luftfahrzeugs auf unrechtmäßige Weise bemächtigt hat und es
                           ohne Einwilligung des Berechtigten gebraucht (z.B.  Diebstahl, Flugzeugentfüh-
                           rung). Aber auch dann, wenn der Mieter, Entleiher etc. das Luftfahrzeug für ver-
                           traglich nicht vorgesehene Zwecke verwendet, es über den vereinbarten Zeitpunkt
                           hinaus benutzt oder  eine  Hilfsperson das Luftfahrzeug außerhalb  des Rahmens


                           293  Kistler, S. 34.
                           294  Kistler, S. 64.
                           295  Siehe auch Kistler, S. 71.
                           296  Kistler, S. 30.
                           297  Zu den Anforderungen an die Sorgfaltspflicht ausführlich Kistler, S. 36 f.
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