Page 111 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 87
E. Sondervorschriften für die Haftung bei der Beförderung von Öl
I. Überblick
Auslöser für die Schaffung eines internationalen zweistufigen Haftungs- und Ent-
schädigungssystems für Ölverschmutzungsschäden durch Tankerunfälle war die
Ölkatastrophe, die der Unfall des liberianischen Tankers „Torrey Canyon“ 3 im
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März 1967 an der britischen und französischen Kanalküste verursacht hatte. 3
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Damals wurde zum ersten Mal offenkundig, dass es an einer internationalen Haf-
tungsordnung mangelte, die eine angemessene Entschädigung von Opfern solcher
Katastrophen gewährleistet. 3
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Bereits zwei Jahre nach dem Unfall wurde am 29. November 1969 das „Inter-
nationale Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmut-
zungsschäden“ (Ölhaftungsübereinkommen von 1969 oder auch CLC) auf der
Staatenkonferenz in Brüssel unter der Schirmherrschaft der IMCO 3 verabschie-
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det. 3 Es trat am 19. Juni 1975 in Kraft. 3
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Im Jahre 1971 wurde als Ergänzung des Ölhaftungsübereinkommens am
18. Dezember das „Internationale Übereinkommen über die Errichtung eines
Internationalen Fonds zur Entschädigung von Ölverschmutzungsschäden“
(Fondsübereinkommen von 1971) beschlossen, welches 1978 in Kraft trat. 3
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Gleichzeitig wurden auf freiwilliger Basis von den Schiffseigentümern und der
Ölindustrie zwei privatrechtliche Verträge, nämlich das „Tanker Owners` Volun-
tary Agreement Concerning Liability for Oil Pollution“ (TOVALOP) vom
310 Als Folge des Unfalls flossen mehr als 80.000 t Öl ins Meer. Einzelheiten zu dem Unfall ausführ-
lich bei Romero Lares, S. 26 f.; Hwang, S. 2 ff.
311 Denkschrift zum Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und Fondsübereinkommen von 1971,
BT-Drucks. 7/2299, S. 58; Schneider, TranspR 1985, 41; Renger, TranspR 1993, 132; Ganten,
Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden aus Tankerunfällen, S. 3.
312 Herber, RabelsZ 1970, 223; Schneider, TranspR 1985, 41; Denkschrift zum Ölhaftungs-
übereinkommen von 1969 und Fondsübereinkommen von 1971, BT-Drucks. 7/2299, S. 58.
313 Die Inter-Governmental Maritime Consultative Organization ist eine Seerechtsorganisation der
Vereinten Nationen mit Sitz in London. Seit 1982 wird sie International Maritime Organization
(IMO) genannt.
314 Das Ölhaftungsübereinkommen von 1969 ist abgedruckt in BGBl. 1975 II, S. 305 ff. Es wird in
der deutschen Literatur sowie international auch häufig nach dem englischen Namen „Civil Lia-
bility Convention“ mit CLC abgekürzt.
Zur Entstehung und Problematik des Ölhaftungsübereinkommens ausführlich Herber, RabelsZ
1970, 224 ff; Romero Lares, S. 27 ff.
315 http://www.imo.org/Conventions/mainframe.asp?topic_id=247 (Stand: 08.08.2010).
316 Das Fondsübereinkommen von 1971 ist abgedruckt in BGBl. 1975 II, S. 320 ff.