Page 116 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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92                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        tes oder – falls eine solche Zone nicht festgelegt ist – in dem an das Küstenmeer
                        angrenzende Gebiet, das sich nicht weiter als 200 Seemeilen von den Basislinien
                        erstreckt, verursacht worden sind.
                           Das Übereinkommen geht  also von dem Territorialitätsprinzip aus  und gilt
                        somit auch für die Schiffe von Nichtvertragsstaaten, die im Hoheitsgebiet eines
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                        Vertragsstaates einen Verschmutzungsschaden verursachen. 3  Es erfasst sowohl
                        internationale als auch rein nationale Beförderungen. 3
                                                                     348
                           Kosten von Schutzmaßnahmen werden unabhängig davon, wo sie getroffen
                        worden sind, ersetzt, Art. II lit. b) HÜ.
                           Das Übereinkommen gilt nach Art. I Abs. 1 HÜ für Seeschiffe oder sonstige
                        Seefahrzeuge jeder Art, die zur Beförderung von Öl als Bulkladung gebaut oder
                        hergerichtet sind. Darunter fallen  alle  Öltanker. Aber auch Kombi-Schiffe, so
                        genannte OBO-Schiffe (oil–bulk-ore), die außer Öl auch andere Ladungen beför-
                        dern, werden nach Art. I Abs. 1 HÜ von dem Übereinkommen erfasst, sofern sie
                        tatsächlich Öl als  Bulkladung  befördern  oder dieses  auf ihrer vorhergehenden
                        Fahrt befördert haben und nicht nachgewiesen wird, dass es keine Rückstände
                        von der letzten Beförderung an Bord gibt. 3
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                           Das Übereinkommen erstreckt sich zudem nach Art. I Abs. 5 HÜ auch auf das
                        Bunkeröl von Öltankern und Kombi-Schiffen. Es ist somit für die Anwendung
                        des Übereinkommens gleichgültig, ob das den Schaden verursachende Öl Trans-
                        portgut (Bulköl) oder Bunkeröl des Schiffes ist. Denn aus welchem Tank das Öl
                        ausgetreten ist, ist in den meisten Fällen nicht festzustellen. Durch die Regelung in
                        Art. I Abs. 1 und Abs. 5 HÜ sollten auch leer fahrende Tankschiffe einbezogen
                        werden, die durch (verbotene)  Tankreinigung oder durch Bunkeröl Verschmut-
                        zungsschäden verursachen. 3  Auf das Bunkeröl aller sonstigen Schiffe, wie z.B.
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                        Trockenfrachter, findet das Ölhaftungsübereinkommen dagegen keine Anwen-
                        dung. 3
                             351
                           Nach Art. XI Abs. 1 HÜ gilt das Übereinkommen überdies nicht für Kriegs-
                        schiffe oder sonstige Schiffe, die einem Staat gehören oder von diesem betrieben
                        werden und die zu der betreffenden  Zeit  ausschließlich im nichtgewerblichen
                        staatlichen Dienst eingesetzt sind.
                           Wird ein staatliches Schiff dagegen für gewerbliche Zwecke benutzt, haftet der
                        Staat nach diesem Übereinkommen und muss auf alle Einreden verzichten, die
                        sich auf seiner Stellung als souveränem Staat gründen, Art. XI Abs. 2 HÜ.



                        347  Ganten, Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden aus Tankerunfällen, S. 5.
                        348  Herber, Seehandelsrecht, S. 195 f.
                        349  Romero Lares, S. 64; Denkschrift zu den Protokollen von 1984, BT-Drucks. 11/892, 44 (45).
                        350  Denkschrift zu den Protokollen von 1984, BT-Drucks. 11/892, 44 (45).
                        351  Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
                           – Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 2. Diese Regelungslücke führ-
                           te zur Verabschiedung des Bunkerölhaftungsübereinkommen von 2001, dazu siehe 2. Teil E VI.
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