Page 113 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 89
Jahre 1989 für einen nationalen Alleingang, nämlich den „Oil Pollution Act“ von
1990, entschieden hatte und die zweite große Ölimportnation Japan befürchtete,
einen zu hohen Beitragsanteil zum Fonds leisten zu müssen, war offensichtlich,
dass die Protokolle unter diesen Voraussetzungen nicht mehr Kraft treten wür-
den. 3
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Neben der Änderung der Inkrafttretensvoraussetzungen enthalten die Proto-
kolle von 1992 auf Drängen der japanischen Delegation die Einführung einer
Höchstquote für Beiträge zum Fonds für einen einzelnen Mitgliedstaat, die aller-
dings nur bis November 1998 Geltung hatte 3 .
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Die neu gefassten Übereinkommen werden als das Ölhaftungsübereinkommen
von 1992 und das Fondsübereinkommen von 1992 bezeichnet und bilden das
heutige Regelwerk des zweistufigen internationalen Haftungssystems für Öl-
verschmutzungs-schäden durch Tankerunfälle. 3 Die beiden Übereinkommen
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sind eng miteinander verbunden, da nach Art. 28 Abs. 4 des Fondsprotokolls von
1992 Staaten dem Fondsübereinkommen nur beitreten können, wenn sie gleich-
zeitig dem Ölhaftungsübereinkommen beigetreten sind und nach Art. 30 Abs. 2
des Fondsprotokolls das Inkrafttreten des Fondsprotokolls an das Inkrafttreten
des Haftungsübereinkommens von 1992 gebunden ist.
Durch den Unfall der „Erika“ im Dezember 1999 zeigte sich abermals, dass
die Haftungsbeträge zu niedrig waren. Als Reaktion darauf wurde zunächst die
Erhöhung der bisherigen Haftungs- und Entschädigungsbeträge um ca. 50 %
beschlossen. 3 Seit der Neufassung der beiden Übereinkommen durch die Proto-
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kolle von 1992 können Erhöhungen der Haftungs- und Entschädigungssummen
327 Ganten, TranspR 1997, 397 (398). Zum Exxon Valdez-Unfall und Oil Pollution Act Romero
Lares, S. 48 ff.
328 Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
– Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 8. Nach Art. 26 Fondsproto-
koll, Art. 36ter Abs. 1 Fondsübereinkommen ist der Gesamtbetrag der Jahresbeiträge für einen
einzelnen Mitgliedstaat auf 27, 5 % begrenzt. Diese Bestimmung soll aber nach Art. 36ter Abs. 4
nur Anwendung finden bis die Menge von 750 Millionen Tonnen beitragspflichtigen Öls er-
reicht ist oder fünf Jahre nach Inkrafttreten des Fondsprotokolls von 1992 verstrichen sind. Im
November 1998 hat sich die erstgenannte Voraussetzung erfüllt.
Die Einführung einer Höchstquote garantierte der japanischen Regierung, dass sie während der
ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des Fondsprotokolls gegen sehr hohe Beitragszahlungen ge-
schützt sein würde und ermöglichte dadurch eine frühe japanische Ratifikation (Jacobsson, ebd.).
329 Romero Lares, S. 25 und 58; Art. 11 Abs. 2 des Protokolls von 1992 zur Änderung des Ölhaf-
tungsübereinkommens von 1969 (BGBl. 1994 II, S. 1160) und Art. 27 Abs. 2 des Protokolls von
1992 zur Änderung des Fondsübereinkommens von 1971 (BGBl. 1994 II, S. 1180).
Das phasenweise Inkrafttreten der Protokolle von 1992 hatte zur Folge, dass in einer Über-
gangszeit die Originalfassungen der Übereinkommen neben den Fassungen der Protokolle von
1992 anwendbar waren. Diese Übergangszeit und die daraus resultierende komplizierte Rechts-
lage endeten erst mit Erfüllung der in Art. 31 des Fondsprotokolls von 1992 (BGBl. 1994 II, S.
1183) genannten Voraussetzungen. Am 15. Mai 1998 erfolgte die Trennung der beiden Systeme.
Ausführlich dazu Ganten, TranspR 1997, 397 (398, 400); Romero Lares, S. 53.
330 Romero Lares, S. 54 f.