Page 115 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                           91



                           II. Internationales Übereinkommen von 1992 über die zivilrechtliche Haftung für
                           Ölverschmutzungsschäden

                           Das Ölhaftungsübereinkommen von 1992 3  bildet die erste Stufe des internatio-
                                                                339
                           nalen Haftungs- und Entschädigungssystems für Ölverschmutzungsschäden durch
                           Tankerunfälle und zählt mittlerweile 121 Mitgliedstaaten 3 . Bis auf wenige Aus-
                                                                            340
                           nahmen 3  gehören alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union dem Ölhaf-
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                           tungsübereinkommen von 1992 an. 3
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                              Das Ölhaftungsübereinkommen sieht eine auf den Schiffseigentümer kanali-
                           sierte Gefährdungshaftung für Ölverschmutzungsschäden vor, die der Höhe nach
                           beschränkt werden kann und durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt sein
                           muss.
                              Vorbehalte zum Übereinkommen sind  nicht vorgesehen. Nach Art. 18 des
                           Protokolls von 1992 zum Ölhaftungsübereinkommen von 1969 sind die arabische,
                           chinesische, englische, französische, russische und spanische Fassungen gleicher-
                           maßen verbindlich.
                              Das Ölhaftungsübereinkommen von 1992 ist als Internationales Einheitsrecht
                           grundsätzlich autonom  auszulegen. 3  Nur ausnahmsweise ist ein Rückgriff auf
                                                          343
                           nationale Grundsätze möglich. 3
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                           1. Räumlicher und sachlicher Anwendungsbereich
                           Das Ölhaftungsübereinkommen von 1992 findet  nach Art. II lit. a) Ölhaftungs-
                           übereinkommen (HÜ) 3  Anwendung  auf Verschmutzungsschäden, die im Ho-
                                              345
                           heitsgebiet einschließlich  des Küstenmeers 3  eines Vertragsstaates verursacht
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                           worden sind. Darüber hinaus erfasst das Übereinkommen von 1992 im Gegensatz
                           zum Übereinkommen von 1969 auch Verschmutzungsschäden, die in der nach
                           dem Völkerrecht festgelegten ausschließlichen Wirtschaftszone eines Vertragsstaa-

                           339  BGBl. 1996 II, 670 ff.
                           340  http://www.imo.org/Conventions/mainframe.asp?topic_id=247 (Stand: 08.08.2010). Die Liste
                              ist auf dem Stand vom 31. August 2008. Der Beitritt der Länder Ecuador, Iran und Ukraine er-
                              folgt erst Ende 2008.
                           341  Österreich, Slowakei und Tschechien.
                           342  http://www.iopcfund.org/92members.htm (Stand: 08.08.2010); die Liste ist auf dem Stand vom
                              04.08.2008.
                           343  Kappet, S. 39. Ausführlich zur Auslegung des Ölhaftungsübereinkommens von 1992 Kappet,
                              S. 33 ff.
                           344  Kappet, S. 39.
                           345  Im Folgenden wird das Ölhaftungsübereinkommen von 1992 mit HÜ abgekürzt.
                           346  Das Küstenmeer eines Vertragsstaats umfasst nach Art. 3 Seerechtsübereinkommen der Verein-
                              ten Nationen maximal 12 Seemeilen ab der Basislinie des Küstenstaates.
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