Page 97 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 73
sich die Ersatzpflicht anteilsmäßig, Art. 6 Abs. 1 S. 2 RöHaftAb. Diese Befreiung
oder Verminderung tritt jedoch nicht ein, wenn der Geschädigte bei schuldhaftem
Verhalten seiner Leute beweist, dass diese außerhalb ihrer Befugnisse gehandelt
haben, Art. 6 Abs. 1 S. 3 RöHaftAb.
Somit kann jede Art von Mitverschulden des Geschädigten oder seiner Leute
zu einem Ausschluss oder zu einer Minderung der Haftung des Haftpflichtigen
führen, es sei denn, dem Geschädigten gelingt im Fall des schuldhaften Verhaltens
seiner Leute der Entlastungsbeweis.
Wann ein schuldhaftes Verhalten des Geschädigten oder seiner Leute gegeben
ist und in welchem Ausmaß die Mitwirkung dieses schuldhaften Verhaltens zu
berücksichtigen ist, ergibt sich wiederum nicht aus dem Abkommen selbst, son-
dern bestimmt sich nach den Regeln des anwendbaren nationalen Rechts, so dass
insoweit eine international einheitliche Auslegung des Abkommens nicht gewähr-
leistet ist.
c) Schuldhaftes Verhalten des anspruchsberechtigten Angehörigen
Erhebt ein anderer als der Geschädigte Klage auf Schadensersatz für erlittene
Personenschäden (z.B. Eltern für ihre Kinder, Erben der Verstorbenen), muss
sich dieser andere das schuldhafte Verhalten des Geschädigten oder das der Leute
des Geschädigten entgegenhalten lassen, denn nach Art. 6 Abs. 2 RöHaftAb ist
der Haftpflichtige von seiner Haftung entsprechend der Regelung in Art. 6 Abs. 1
RöHaftAb ganz oder teilweise befreit.
5. Haftungsumfang
Eine Definition des Schadensbegriffs, wie sie in den Gefahrguttransport-
übereinkommen zu finden ist, enthält das Zweite Römer Haftungsabkommen
nicht. Die Bestimmung des Haftungsumfangs bleibt daher weitgehend dem anzu-
wendenden nationalen Recht überlassen, welches nach den Regeln des internatio-
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nalen Privatrechts zu ermitteln ist. 2
a) Personenschäden
Das Abkommen erwähnt in seinen Art. 11 Abs. 2, Art. 14 und Art. 6 Abs. 2 die
Haftung für Tod oder Körperverletzung („loss of life or personal injury“). Aus
Art. 24 und 25 RöHaftAb ergibt sich, dass nur Schäden ersetzt werden, die Drit-
ten auf der Erdoberfläche zugefügt werden, nicht dagegen Schäden, deren Haf-
tung in einem Personenbeförderungsvertrag oder in arbeitsvertraglichen Regelun-
gen geregelt ist. Ferner müssen diese Schäden nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 RöHaftAb
265 Kistler, S. 23.