Page 94 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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70                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        Person über, der in Übereinstimmung mit dem Recht des jeweiligen Staates das
                        Luftfahrzeug anvertraut worden ist.


                        b) im Fluge
                        Der Schadensersatzanspruch nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 RöHaftAb setzt voraus, dass
                        sich das Luftfahrzeug „im Fluge“  befunden hat. „Im Fluge“ befindet sich ein
                        Luftfahrzeug  nach der Definition in Art. 1 Abs. 2 S. 1 RöHaftAb von dem Au-
                        genblick an, in welchem zum Zwecke des eigentlichen Abflugs Kraft aufgewendet
                        wird, bis zu dem Augenblick, in welchem der Landungsauslauf beendet ist.
                           Hintergrund dieser Regelung ist, dass das Abkommen eben nur für Schäden
                        gelten soll, die im Zusammenhang mit der Inbetriebsetzung eines Luftfahrzeugs
                        verursacht worden sind. Es werden daher zwar alle Schäden ersetzt, die beim Start
                        oder  bei der  Landung  passieren, z.B. Schäden, die durch die schon im Hangar
                        zum Zwecke des Starts angeworfenen Motoren verursacht werden. 2  Nähert sich
                                                                                 258
                        aber jemand einem abgestürztem Flugzeug in der Absicht zu helfen und wird er
                        durch das in Flammen aufgehende Flugzeug verletzt, fallen seine Schäden nicht
                        mehr in den Anwendungsbereich des Abkommens, da der Landungsauslauf be-
                        reits beendet  war und sich das Luftfahrzeug somit nicht mehr „im Fluge“ be-
                        fand. 2
                            259
                           Bei einem Zusammenstoß von zwei Luftfahrzeugen auf der Erde, von denen
                        das eine starten will und sich also „im Fluge“ befindet, das andere dagegen nicht,
                        haftet allein der Halter des startenden Luftfahrzeugs gegenüber dem Halter des
                        anderen Luftfahrzeugs sowie dessen  Insassen und  Ladungsinteressenten. 2  In
                                                                                         260
                        diesem Fall bewirkt die Definition „im Fluge“ eine Abweichung der Haftungsre-
                        gelung für Zusammenstöße von Luftfahrzeugen in Art. 7 RöHaftAb. Diese Ab-
                        weichung erscheint willkürlich und ungewollt. Eine Anpassung der Definition ist
                        insoweit wünschenswert.
                           Luftfahrzeuge, die leichter  als Luft sind  (z.B. Zeppelin,  Ballon), gelten nach
                        Art. 1 Abs. 2 S. 2 RöHaftAb als „im Fluge“ in dem Zeitraum zwischen dem Lösen
                        von der Erde bis zum erneuten Festmachen auf der Erde. Derartige Luftfahrzeuge
                        und damit auch diese  Regelung sind allerdings für den  Transport gefährlicher
                        Güter von keiner praktischen Bedeutung.








                        258  Riese, § 34 I.
                        259  In Bezug auf das Erste Römer Haftungsabkommen Riese, § 34 I.
                        260  Kistler, S. 20.
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