Page 124 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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100                                   2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, ob durch die Verschmutzung erlittene
                        wirtschaftliche Schäden erstattungsfähig sind, wenn keine Güter beschädigt wur-
                        den, (sog. reine Vermögensschäden). 3  Darunter fallen z.B. Verdienstausfälle von
                                                       395
                        Fischern, die keine Möglichkeit haben anderswo als in der verschmutzten Meeres-
                        zone zu fischen, und Einkommensverluste von Hoteliers, Strandbarbesitzern und
                        anderen  Teilen der  Tourismusbranche in der  Nähe  der verunreinigten Strände
                        aufgrund der ausbleibenden Touristen. 3
                                                         396
                           Der Vertragstext hilft bei der Frage nach der Ersatzfähigkeit solcher Schäden
                        nicht weiter. Um ein Ausufern der Haftung für reine Vermögensschäden zu ver-
                        hindern, haben die Fonds beschlossen, dass reine Vermögensschäden nur ersetzt
                        werden, wenn die Verluste oder Schäden durch die Verschmutzung entstanden
                        sind und darüber hinaus  ein hinreichend enger  Zusammenhang zwischen den
                        Verlusten oder Schäden und der Verunreinigung besteht. 3  Zur Konkretisierung
                                                                         397
                        des hinreichend engen Zusammenhangs haben die Fonds folgende Kriterien ent-
                        wickelt, die bei der Beurteilung der Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden
                        geprüft werden: 3
                                     398

                           -   die geographische Nähe zwischen der  Tätigkeit des  Antragsstellers und
                               der Verunreinigung
                           -   der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Antragsstellers von einer

                               in Mitleidenschaft gezogenen Ressource
                           -   das Ausmaß, in dem dem Antragssteller anderweitige Bezugsquellen oder
                               Geschäftsgelegenheiten zur Verfügung stehen
                           -   das Ausmaß, in dem die Geschäftsfähigkeit des Antragsstellers einen in-

                               tegralen Teil des Wirtschaftsgeschehens in dem von dem Ölaustritt be-
                               troffenen Gebiet bildet

                           -   das Ausmaß, in dem der Antragsteller seinen Verlust hätte mindern kön-
                               nen.


                        395  Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
                           – Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 15.
                        396  Bremer, S. 201 f.; Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden
                           beim Seetransport – Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 15; IOPC
                           Fund 1992, Claims Manual, 2005, S. 10.
                        397  Kappet, S. 135, 246; Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschä-
                           den beim Seetransport – Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 16.
                        398  Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
                           – Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 16; Kappet, S. 135.
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