Page 127 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
P. 127
2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 103
ee) Kosten von Schutzmaßnahmen
Die Kosten von Schutzmaßnahmen werden nach der Fondspraxis auf der Grund-
lage des Art. I Abs. 6 - 8 HÜ ersetzt. 4 Durch die Neufassung des Begriffs „Er-
412
eignis“ sind Kosten von Schutzmaßnahmen auch dann erstattungsfähig, wenn
eine schwere, unmittelbar drohende Verschmutzungsgefahr vorliegt, es aber zu
keinem Auslaufen von Öl gekommen ist. 4
413
Ansprüche wegen Maßnahmen zur Verhütung oder Einschränkung von Ver-
schmutzungsschäden, wie z.B. das Ausbringen von Sperren entlang der bedrohten
Küste oder Ölverteilungsmittel, werden auf ihre Angemessenheit nach objektiven
Kriterien überprüft. 4 Eine Maßnahme gilt dann als angemessen, wenn sie im
414
Entscheidungszeitpunkt technisch geeignet ist einen Verschmutzungsschaden zu
verhindern oder einzudämmen, und die Kosten der Maßnahmen angemessen
sind. 4 Dabei wird die Angemessenheit aufgrund derjenigen Tatsachen beurteilt,
415
die, unter Berücksichtigung von laufenden Entwicklungen, zu der Zeit bekannt
waren, als die Entscheidung über die Maßnahmen getroffen wurde. 4
416
Eine besondere Problematik stellt die Abgrenzung von Schadensverhütungs-
kosten und Bergungskosten dar. 4 Während erstere bei Angemessenheit grund-
417
sätzlich erstattet werden, lehnt der Fonds den Ersatz von Kosten, die bei der Ret-
tung von Schiff und Ladung entstehen (Bergungskosten), ab, da diese vom Kasko-
und Ladungsversicherer zu tragen sind. 4 Schwierig wird die Abgrenzung dann,
418
wenn Ansprüche wegen Schadensverhütungsmaßnahmen gestellt werden, die im
Rahmen einer Bergungsmaßnahme unternommen wurden, und die Bergungsmaß-
nahmen auch einen schadensmindernden Charakter aufweisen. Der Fonds folgt in
solchen Fällen dem von dem italienischen Gericht („Tribunale di Messina“) im
Fall „Patmos“ entwickelten Abgrenzungskriterium, nach welchem immer auf den
vorrangigen Zweck („primary purpose“) einer Maßnahme abzustellen ist. 4
419
412 Kappet, S. 245.
413 Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
– Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 2; Ganten, Die Protokolle
von 1984 zum Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und zum Fondsübereinkommen von 1971,
S. 14; Brunn, VersR 1984, 908 (910).
414 Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
– Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 13 f.; IOPC Fund 1992,
Claims Manual, 2005, S. 21; Kappet, S. 98, 245.
415 Vgl. IOPC Fund 1992, Claims Manual, 2005, S. 21; Vgl. IOPC Fund 1992, Claims Manual, 2002,
S. 19.
416 Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
– Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 14.
417 Kappet, S. 110; Ganten, VersR 1989, 329 (333).
418 IOPC Fund 1992, Claims Manual, 2005, S. 23; Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für
Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport – Entwicklung in den letzten Jahren und Zu-
kunftsperspektiven, S. 14; Ganten, VersR 1989, 329 (333).
419 Kappet, S. 111; IOPC Fund 1992, Claims Manual, 2005, S. 22; Jacobsson/Trotz, JMLC 1986, 467
(476); Ganten, VersR 1989, 329 (333).