Page 129 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 105
einem Fall hat der Fonds die Kosten für die medizinische Behandlung des Perso-
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nals, das bei Reinigungsmaßnahmen verletzt worden war, ersetzt. 4 Die Behand-
lungskosten fielen also unter die weiteren durch Schutzmaßnahmen verursachten
Schäden.
Eine Regelung für die Zahlung von Schmerzensgeld enthält das Ölhaftungs-
übereinkommen nicht. Auch die Regulierungspraxis des IOPC Fund hat Schmer-
zensgeldzahlungen bisher nicht bewilligt. 4
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f) Haftungsbeschränkung durch Höchstsummen
aa) Bemessungsgrundlage
Der Schiffseigentümer ist berechtigt, seine Haftung für ein Ereignis auf einen
Gesamtbetrag zu beschränken nachdem er einen Haftungsfonds errichtet hat,
Art. V HÜ. Die Höhe der maximalen Haftungssumme berechnet sich nach der
Größe, genauer der Beladefähigkeit (Tonnage), des Schiffes und gilt pro Scha-
densereignis. Als Vorbild für das Abstellen auf ein einzelnes, einen Verschmut-
zungsschaden verursachendes Ereignis diente das Haftungsbeschrän-
kungsübereinkommen von 1957. 4
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Hinsichtlich des zweiten Bezugspunktes, der Größe des Schiffes, ist die lineare
Steigerung der Haftungshöchstsummen entsprechend der Größe des Schiffes bei
Öltankern auf den ersten Blick durchaus einleuchtend, da es sich hierbei, im Ge-
gensatz zu den Gefahrguttransporten, um ein homogenes Transportgut handelt
und das Risiko der Umweltverschmutzung für jede Tonne beförderten Rohöls im
Wesentlichen gleich ist 4 .
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Allerdings machten die Ölgesellschaften bereits während der Beratungen über
eine Revision des Ölhaftungsübereinkommens von 1969 darauf aufmerksam, dass
die Erfahrung zeige, dass die Höhe des Verschmutzungsschadens mit der Größe
des Schiffes nichts oder kaum etwas zu tun habe. 4 Dennoch hat sich das Abstel-
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len auf die Größe des Schiffes in der Praxis bewährt und ist, wenn auch nicht die
ideale Lösung, so doch die einzig praktikable.
Insbesondere wurde durch die Protokolle von 1984 und 1992 zur Korrektur
der finanziellen Lastenverteilung zwischen den Schiffseigentümern und der Ölin-
dustrie die Haftungssumme für kleinere Schiffe, die sich nach dem Haftungsüber-
428 Jacobsson/Trotz, JMLC 1986, 467 (471).
429 Bremer, S. 374; vgl. IOPC Fund 1992, Claims Manual, 2005, S. 9 ff.
430 Denkschrift zu dem Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und dem Fondsübereinkommen von
1971, BT-Drucks. 7/2299, S. 62.
431 vgl. Herber, TranspR 1983, 5 (10).
432 Ganten, Die Protokolle von 1984 zum Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und zum Fonds-
übereinkommen von 1971, S. 24.